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Beatrix von Storch sitzt für die AfD im Deutschen Bundestag.

© Imago/dts Nachrichtenagentur

Einladungspraxis bei „Maybrit Illner“: Das Extreme hat seinen Talkshowplatz

Draußen demonstrieren Hunderttausende gegen die AfD, aber im ZDF-Studio sitzt Beatrix von Storch.

Ein Kommentar von Joachim Huber

AfD, Bündnis Sahra Wagenknecht, Werteunion - müssen die Talkshowstudios in dem Maße wachsen, wie das Parteienspektrum in Deutschland wächst?

Herausforderung für die Sender

Die Sender, öffentlich-rechtlich und privat, sind jedenfalls herausgefordert, wenn sie die (partei-)politischen Strömungen und Diskussionen fair und angemessen abbilden wollen.

„Maybrit Illner“, die politische Talkshow im Zweiten, macht am Donnerstag ab 22 Uhr einen ersten Aufschlag. Eingeladen sind laut ZDF-Pressemitteilung die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht, die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Beatrix von Storch, SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sowie die stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteurin Melanie Amann.

Alle, inklusive Moderatorin Maybrit Illner, müssen sich der Frage stellen: „Deutschland in der Krise - Sehnsucht nach einfachen Antworten?“

Kühnert, Spahn sind wie Wagenknecht Talkshowprofis. Beatrix von Storch war wie ihre gesamte Partei, die Alternative für Deutschland, seltener bis selten in die Gesprächssendungen eingeladen. An dieser Praxis lässt sich nicht länger festhalten: Die AfD wird deutschlandweit mit 20 Prozent gehandelt, die BSW könnte, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl, die Fünf-Prozent-Hürde überspringen.

Nur: Wenn auf den Straßen und Plätzen der Republik Hunderttausende gegen Rechtsextreme und damit gegen weite Teile der AfD demonstrieren, was hat dann eine erkennbar rechtsextreme Beatrix von Storch in einem öffentlich-rechtlichen Talkshowstudio zu suchen?

So viel wie Kühnert (SPD), Spahn (CDU) und Wagenknecht (BSW). Mag es eine Berlinale-Leitung für eine machtvolle Demonstration halten, AfD-Vertreterinnen und -vertreter zur Eröffnung der Filmfestspiele erst ein- und dann wieder auszuladen, die Einladungspraxis der Talkshows hat sich nach anderen Kriterien auszurichten.

Wer gewählt werden kann, der kann auch eingeladen werden. Eine Nichteinladung fördert sofort die Opferrolle, eine Talkshow ist zudem kein Marktplatz, sondern ein Markt der Meinungen. Und ist es nicht ein Irrglauben, dass jeder Talkshowauftritt nur die Aufmerksamkeit und Akzeptanz für die Extremen befördert, nicht aber die der politischen Gegner?

Anders gesagt: Die politische Talkshow hat AfD nicht groß, die BSW nicht bekannt gemacht, die CDU nicht größer und die Regierungsparteien nicht kleiner gemacht. Das haben die Parteien schon selber geschafft.

Eine politische Talkshow kann, wenn sie nicht in Schrei und Krampf untergeht, für Aufklärung und Orientierung sorgen. Nicht jeder Zuschauer ist ein ausgebuffter politischer Beobachter, der jeden Winkelzug, jede Position bis hin zum menschenverachtenden Extrem kennt.

Natürlich bedienen eine Beatrix von Storch und eine Sahra Wagenknecht die Sehnsucht nach einfachen Antworten. Wer hätte sie nicht gerne selber, wenn sie denn als Antworten auf komplexe Sachverhalte und Prozesse dienen könnten?

Der Feind der einfachen Antwort ist immer die bessere Antwort. Die Nichtparteigänger von AfD und BSW sind überzeugt, dass wenigstens Union und Sozialdemokratie die überzeugenderen Antworten haben. Kevin Kühnert und Jens Spahn können am Donnerstag beweisen, dass ihre Aussagen und Argumente stichhaltiger sind.

Das ist der Wert einer Talkshow wie „Maybrit Illner“ und das muss auch ihr Mehrwert sein: eine Diskussion, wenn nicht ein Wettkampf um die bessere Antwort.

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