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Landeshauptstadt: Ausgezeichnete Spürnase

Mit ihrem Border Collie Flip gewann Sina Bosch Gold bei den Rettungshundeweltmeisterschaften

Völlig klar, warum der Hund Flip heißt. Der Border Collie von Sina Bosch wartet auf das Fertig-Zeichen seiner Halterin, dann rast er los, quer über den Hundeübungsplatz und schubbert wenig später genüsslich mit dem Rücken über den Rasen – ein Energiebündel. Doch Sina Bosch müsste nur ein kurzes Signal geben und der Hund stünde neben oder vor ihr, hoch konzentriert, auf Anweisungen wartend. Flip ist ein ausgebildeter Rettungshund, einer der besten weltweit. Ende September gewannen er und seine Halterin bei den Rettungshundeweltmeisterschaften Gold in der Disziplin Trümmersuche.

Über den Titel, den die beiden aus Nova Goriza in Slowenien mitbrachten, ist nicht nur die Potsdamerin Sina Bosch erfreut. Auch die Inhaber der Hundeschule Potsdam sind begeistert. „Wir bilden Weltmeister aus“, ist ihr neuer Slogan. Am Zaun des Hundesportplatzes in Drewitz hängt ein großes Banner, auf welchem die Sieger zurück in Potsdam willkommen geheißen werden. Vor etwa drei Jahren hat Flip hier seinen ersten Kurs absolviert: Welpentraining. Anschließend einen Junghundekurs und im Begleithundekurs gelernt, wie man sich ordentlich im Alltag und im öffentlichen Straßenverkehr benimmt. Flip hat hier auch gelernt, Radfahrer und Autos zu tolerieren. Irgendwann war ihm aber auch das langweilig.

„Hunde brauchen eine Aufgabe, nicht nur körperliche, auch geistige Auslastung und Herausforderung“, sagt Hundetrainer Oliver Nagel. Weil Flip Talent zeigte, wurde er zum Rettungshund ausgebildet, geprüft nach internationalem Standard und zugelassen für den Einsatz weltweit. Er kann Spuren aufnehmen und verfolgen, vermisste Personen in Wald und Feld oder unter Trümmern finden. Besondere Begabung zeigte er für die Suche in Ruinen, in eingestürzten Gebäuden beispielsweise. Doch Sina Bosch nutzt das Talent ihres Hundes bisher nur sportlich – eine echte Suche nach tatsächlichen Vermissten hat sie noch nicht mitgemacht. „Dafür gibt es die Rettungshundestaffeln der Feuerwehr“, sagt sie. Wollte sie dort Mitglied werden, müsste auch sie selbst eine Zusatzausbildung zum Sanitäter und Funker absolvieren. Für die Doktorandin der Sprachwissenschaften aber ist es bisher bei einem Hobby geblieben. Aber ein sehr schönes – mindestens an drei Tagen ist sie stundenlang mit dem Hund unterwegs, auf dem Übungsplatz der Hundeschule oder im übungstauglichen Gelände. „Ich bin sehr selten krank“, sagt sie fröhlich.

123 Hunde aus 22 Ländern nahmen an der Weltmeisterschaft in Slowenien teil. In der Königsdisziplin Trümmersuche setzte sich Flip gegen 49 Konkurrenten durch. Innerhalb einer halben Stunde musste er die versteckte Person finden und dann mindestens sechs Minuten lang melden, also bellen. Flip schaffte es in der halben Zeit, erreichte 189 Punkte von möglichen 200. Beim Gehorsamstest erreichte er 98 von 100. Sina Bosch macht das stolz. Denn einfach ist das alles bei Weitem nicht. Um den verschütteten Menschen zu finden, darf der Hund keine Angst haben, nicht vor dunklen, feuchten Kellern, in denen vielleicht noch Wasser steht, nicht vor metertiefen Abgründen. Er muss Feuer und Rauch tolerieren, über wackelige Balken und Unebenen, Geröll oder Drahtgeflecht laufen können. Flip kann das gut, er hat das auch immer wieder geübt. Auch jetzt balanciert er über krumme, hölzerne Leitersprossen, Metall und Maschendrahtzaun.

Sina Bosch ist immer dabei, steht am Rand und gibt Kommandos. Sie muss entscheiden, wo die Suche beginnt, was davon abhängt, wie das Gebäude zusammengefallen ist, wo sich Türen befanden, ob eventuell der Keller bereits mit Wasser vollläuft. Im Inneren des Objekts ist der Hund dann allerdings auf sich allein gestellt. All das hat gut geklappt in Slowenien. Obwohl sich Flip drei Wochen vor dem Wettkampf einen Nagel durch die Pfote gebohrt hat. Schlimm, aber so etwas kann passieren beim Training, sagt Sina Bosch. Auch die Menschen müssen auf sich aufpassen, wenn sie zum Training in Abrissgebäude oder auf Recyclinghöfe gehen. „Wir tragen Schutzkleidung, Stahlkappenschuhe, haben alle Funkgeräte dabei“, sagt Oliver Nagel über die Exkursionen der Rettungshundesportgruppe Potsdam. Während Hund und Halter beim Training nicht wissen, wo sich der scheinbar Verschüttete versteckt hält, gebe es immer einen, der das Versteck kennt – aus Sicherheitsgründen.

So ein Hobby ist nicht ganz billig, neben Kursgebühren und Ausrüstung muss der Hund medizinisch erstklassig versorgt werden. Herzultraschall, Check-up für Hüfte, Knie und Augen sind regelmäßig durchzuführen. Dazu kommen Impfungen vor Auslandsreisen. Neben all der Ausbildung und Arbeit ist Flip allerdings ein ganz normaler Familienhund. „Er darf auf meine Couch, manchmal sogar in mein Bett“, sagt Sina Bosch. „Manchmal aber ist er auch dreist und klaut anderen Hunden das Spielzeug.“

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