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Kultur: Zauberflöte im Vollmondschein

Die Prager Kammeroper faszinierte im Volkspark mit Mozart-Klängen

Die Prager Kammeroper faszinierte im Volkspark mit Mozart-Klängen Von Gerold Paul Der Kampf zwischen Licht und Finsternis ist so alt wie der Sündenfall, doch manchmal ist es gar nicht so leicht, das eine vom anderen zu unterscheiden. Die- se Erfahrung musste auch Held Tamino am Freitagabend in Potsdam machen, als ihn die Königin der Nacht mit der Befreiung ihrer Tochter Pamina vom angeblich bösen Zauberer Sarastro beauftragte. Am Ende von Mozarts „Zauberflöte“ stellt sich ja heraus, warum er die Schöne „dem Einfluss ihrer Mutter" entzog. Nach einer Prüfung werden Tamino und Pamina mit seiner Hilfe denn auch im Aufschein des Morgens ein glücklich liebendes Paar, die echten Bösewichter aber schicken Blitz und Donner in den Abgrund, wo die Finsternis herrscht. Licht und Dunkel, Liebe und Mordgelüst – in diese Pole haben Mozart und sein Librettist Emanuel Schikaneder die märchenhaft-ägyptische, antik-esoterische Handlung um die geheimnisvolle Zauberflöte gesetzt. Beide gehörten der Freimaurerloge „Zur gekrönten Hoffnung" an. Die Uraufführung 1791 in Wien dirigierte der Komponist mit großem Erfolg noch selbst (der Librettist sang den Papageno), zwei Monate später starb er. Was den einen als „Prototyp der deutschen Oper“ erschien, galt Mozart nichts weniger als ein Vermächtnis an die Menschheit. Dieses in blitzenden Farben und trefflichen Klängen Open air zu genießen, war am Freitag hunderten Potsdamern in einer lauen Vollmondnacht gegönnt. Nach der eher windigen „Fledermaus" vor zwei Wochen auf dem zugigen BUGA-Gelände gab die „Prager Kammeroper“ am selben Ort eine ganz exzellente Vorstellung dieses auch Singspiel genannten Werkes, wie man sich es als Freiluft-Aufführung besser kaum wünschen kann. Ganz hervorragende Stimmen zierten sich mit dem Geiste Mozarts, das von Tomas Brauner geleitete Orchester musizierte mit Verve und Dezenz (nur am Anfang klirrten die Lautsprecher etwas), ein fast provozierend-schlichtes Bühnenbild von Petr Kolínský mit Schiebekulisse und dem Bild blätternder Tapeten gab die märchenhaften Koordinaten wie von selbst, das Ensemble spielte mit Laune und Lust, und auch die Gastronomie hatte mehr zu bieten als letztens im Wind. Jan Stych''s deutschsprachige Inszenierung schien voller Vorzüge zu sein. Zuerst vertraut er der Bühne und Mozart: Kein modischer Schnickschnack, er wollte das Original. Szenen zu bauen, Figuren zu finden, nimmt er sich Zeit. Sparsame Gesten, dafür aller Wohlklang der Stimme, Kraft und Geist der Musik, welche bleibt, solange die Sterne sind; wunderbar dezente Kostüme (Olga Filipi). Der Regisseur lässt dem Hören viel Raum, der Phantasie jede Freiheit, einzutauchen in diesen unsagbaren Geist, welcher den Tod besiegt, aber der Liebe Bewährung abverlangt. Monika Brychtová (Pamina) mit einem himmlischen, fühlbaren Sopran, Dalibor Tolas als quicker, kraftvoller Papageno, der mit Marcela Hrdinová eine entzückende Papagena bekommt, auch wenn er die Schweigeprobe nicht bestand. Böse und witzig der liebestolle Düsterling Monostatos (Petr Frybert mit goldener Dienst-Aktentasche!), ganz hehr Sarastro (Jurij Kruglov), Bass. Die vielzitierte Leidenschaft Taminos war trotz guter Tenorstimme freilich kaum zu spüren – Milan Vlcek gab sich eher introvertiert. Ivana Koupilová spielte die Flammende Königin auffallend kühl und sehr ökonomisch. Sie alle bekamen viel Szenenapplaus. Hervorzuheben die hohe Sing- und auch Spielkultur der drei Damen in ihrem Gefolge, wie auch alle Chorpassagen eines guten Geistes (musikalische Leitung Jan Chalupecký) waren. Mehr als fünfhundert Besucher erlebten bei heraufziehendem Vollmond erhellendes, wahrlich zauberhaftes Tournee-Theater, zugleich eine Referenz der „Prager Kammeroper" an Mozart, anders als Wien lag ihm die Moldau-Stadt noch in Lebzeiten zu Füssen. Potsdam tat es am Freitag wohltuend nach.

Gerold Paul

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