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Kultur: Wohlgefallen

Weihnachtskonzert der Kammerakademie

Ein verschwenderisches Glück erleben Weihnachtsmusik-Konsumenten auf CDs, in Kirchen und im Konzertsaal. Doch nicht nur Geistliches wählen Veranstalter für das hohe Fest am Ende des Jahres aus, sondern auch Musik, die für andere Anlässe geschrieben wurde. Hauptsache pastoral und festlich sollte sie sein. Dabei können durchaus seliger Stimmung und ein klein wenig den Tränenkanälen Tür und Tor geöffnet werden. Denn so könnte wenigstens einem akustischen Frieden auf Erden nichts mehr im Wege stehen und ein Wohlgefallen musikalisch verbreitet werden.

Festlichen Glanz und feierliche Andacht evozierte auch das traditionelle Konzert der Kammerakademie Potsdam am zweiten Weihnachtsfeiertag im Nikolaisaal. Und es brachte vor allem Wohlgefallen beim Zuhören. Diesmal stand der Abend unter der Leitung des Österreichers Andreas Stoehr, der sehr energetisch, akzentuiert, mit flottem Drive dirigierte. Das Gewand von eleganten Aristokraten mit tadellosen Manieren trugen bei ihm die Komponisten Joseph Haydn, Johann Friedrich Fasch und Georg Philipp Telemann zwar auch, doch wiesen sie einen gewissen Sinn für Humor und dezente Skurrilität auf. Ruppigkeit war nicht angesagt. Dafür wartete die Kammerakademie mit feinem Nuancenspektrum auf.

Andreas Stoehr hat in seinen Haydn-Interpretationen das Unerwartete, teils Verwirrende deutlich gemacht, vor allem in der Sinfonie Nr. 64. Die Welt der 104 Haydn-Sinfonien ist ein Mikrokosmos, in den einzutauchen sich jederzeit lohnt. Alle Sinfonien sind eigenständige Meisterwerke mit oft überraschenden individuellen Zügen. Die Sinfonie Nr. 14 in A-Dur, die Haydn als 30-Jähriger schrieb, ist ein Werk, das durch seine Frische und Lebensbejahung sofort für sich einnimmt. Und so wurde es auch vom Orchester musiziert. Die Sinfonie Nr. 64, ebenfalls in A-Dur komponiert, entstand 1773. Da war Haydn längst als Kapellmeister der Fürstenfamilie Esterhazy etabliert. Erstaunlich selten wird das Werk mit dem Untertitel „Tempora mutantur“ („Die Zeiten ändern sich“) aufgeführt. Trotz aller Natürlichkeit des Zugangs legten Andreas Stoehr sowie die Kammerakademie viel Wert auf Details und Ausdruckskraft. Die kontrastierende Dynamik des exzentrischen zweiten Satzes wird wunderbar umgesetzt und auch in den fortwährend den musikalischen Puls unterbrechenden Pausen fällt die Spannung nicht ab. Das unbeschwerte Menuett des dritten Satzes mit den sauber ausgeführten Intervallsprüngen und Trillerfiguren ist ebenso gelungen wie der vierte Satz mit seinen unvermittelten thematischen Kontrasten, die das Ensemble harmonisch zusammenfügte.

Die Kammerakademie wusste auch die Musik der Barockkomponisten Johann Friedrich Fasch und Georg Philipp Telemann mit Spielfreude und Esprit wiederzugeben. Der Zerbster Hofkapellmeister Fasch wandte sich besonders der Instrumentalmusik zu. Sein im Nikolaisaal aufgeführtes Trompetenkonzert D-Dur, bei dem zwei Oboen ebenfalls Hauptrollen spielen, ist ein anmutiges Beispiel für Faschs Kombination aus tänzerischer Leichtigkeit und gesanglichen Linien. Von den Kammerakademie-Solisten Nathan Plante (Trompete), Jan Böttcher sowie Birgit Zemlicka-Holthaus (Oboe) wurde das Werk des Zerbsters und vor allem das abwechslungsreiche Konzert in D-Dur des Hamburgers Georg Philipp Telemann mit rasantem Wechselspiel voller Klangfröhlichkeit und rhythmischem Drängen musiziert. Dankbarer Applaus allen Mitwirkenden. Klaus Büstrin

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