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Auftakt an der Volkssühne: „Extinction“.

© Simon Gosselin

Wo die Liebe so hinfällt: Ein Ausblick auf die neue Theatersaison

Wer macht was und wo? Für alle, die sich nach diesem zu heißen und zu kalten Sommer in die geschlossenen Räume der Fantasie flüchten möchten.

Jetzt läuft wieder der „Tanz im August“, und die Fußballbundesliga macht sich warm. Es wird langsam Zeit, einen Blick auf die kommende Theatersaison zu werfen - wie immer vorfreudig und auch ein wenig nachdenklich gestimmt. Der Sommer war zu heiß, zu kalt, in manchen Gegenden apokalyptisch. So treten wir bald die Flucht in die geschlossenen Räume der Fantasie an.

Schwankende Gestalten, trunkenes Schiff. Noch gut in Erinnerung ist „Der fliegende Holländer“ der Komischen Oper aus der vergangenen Spielzeit. Regisseur Herbert Fritsch wird nun erstmal in Basel inszenieren, eine Komödie mit Musik von Herbert Grönemeyer. Und die Komische zieht um ins Schiller Theater, das Stammhaus wird umgebaut. Erste Premiere im Ausweichquartier wird Ende Oktober das Musical „Chicago“ sein.

Die Deutsche Oper vis-à-vis bringt Ende September Puccinis selten gespieltes „Il trittico“ heraus. Es soll bunt werden: pink. Der Friedrichstadt-Palast wirbt jetzt schon für seine neue Grand Show „Falling in Love“ im Design von Jean-Paul Gaultier. Die Staatsoper Unter den Linden produziert eine neue „Aida“ in der Regie von Calixto Bieito.

Julien Gosselins Germanistenlektüre „Sturm und Drang“ hinterließ 2022 große Ratlosigkeit an der Volksbühne. Jetzt eröffnet der französische Regisseur mit Leidenschaft für deutschsprachige Literatur die Spielzeit mit „Extinction“ (7. September). Die fünfstündige Reise in die Wiener Dekadenz mit Texten von Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal und - viel jünger und ganz anders - Thomas Bernhard hinterließ in Avignon und bei den Wiener Festwochen einen starken Eindruck. Im Oktober gibt es ein neues Stück von René Pollesch, „Die Amerikaner“. Das ist nun wirklich ein sehr weites Spielfeld.

Falk Richter kehrt an die Schaubühne zurück mit einer Familiengeschichte, „The Silence“ (November). Auch Yael Ronen arbeitet wieder am Lehniner Platz. Ihr neues Stück soll „Bucket List“ heißen, da geht es wohl um die Dinge, die man schon immer mal machen wollte. Die unbedingt erledigt sein wollen, bevor man den Löffel abgibt oder eben den „Eimer wegkickt“, auf Englisch (ab Dezember).

Zuletzt hatte Yael Ronen am Maxim Gorki Theater großen Erfolg mit der Weltuntergangskomödie „Planet B“. Oliver Frljic startet am Gorki die Saison mit „Frankenstein oder Das verlorene Paradies“ (28. September). Die ganz großen Themen überwiegen. Das fällt auf. Schon während der Pandemie war eine Welle von Corona-Stücken erwartet worden. Aber die kam nicht. Das Thema scheint sich erledigt zu haben, wird verdrängt von Klimakrise und Krieg.

Müssen die Theater partout aktuell sein, ist das wirklich ihre Aufgabe? Am Deutschen Theater beginnt eine neue Zeit mit der Intendantin Iris Laufenberg. Ihr Spielplan changiert zwischen Distanz und Nähe. Den Auftakt macht am 16. September der Regisseur Alexander Eisenach mit „Weltall Erde Mensch“, einem kosmopolitischen DDR-Abend.

Eine Woche später kommt es am DT zur Uraufführung des neuen Stücks von Rainald Goetz: „Baracke“ dreht sich - auch - um Gewalt und Schweigen in der Familie und um die NSU-Morde. Zuvor hatte sich Goetz mit dem Terror des 11. September 2001 und den Folgen beschäftigt. „Reich des Todes“ nannte er das 2020 uraufgeführte Panorama des Grauens. Hoffentlich geht es diesmal nicht so grauenhaft platt zu.

Am Berliner Ensemble nimmt sich der Chef den Hausgeist vor. Oliver Reese inszeniert einen biografischen Brecht-Abend mit dem Titel „Fremder als der Mond“ mit Katherine Merling und Paul Herwig, und mit Musik natürlich von Eisler, Dessau und Weill. Premiere ist schon am 26. August. Ein paar Wochen später folgen Ersan Mondtag mit „Woyzeck“ und dann die Uraufführung eines neuen Stücks von Sibylle Berg mit dem schönen Motto: „Es kann doch nur noch besser werden“.

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