zum Hauptinhalt
"Expanded Island" heißt ein geplantes Megafonkonzert im Rahmen der Aktion "insofern" am Alten Markt.

© J. W.

Windeln für Openair-Performance gesucht: Große Wäsche am Alten Markt

Wiederbelebte Fachhochschule, Telefonzellenperformance und Megafonkonzert: In der zweitägigen Aktion „insofern“ suchen Potsdamer Kreative Kunstformen in Zeiten von Corona.

Potsdam - Die Initiative KulturMachtPotsdam meldet sich zurück. Nach der großangelegten digitalen Aktion vom 13. März, einem Katalog von kulturpolitischen Forderungen und einer Eimerperformance am Alten Markt im Mai wendet sich das Bündnis am 27. und 28. August erneut der Potsdamer Mitte zu - jenem Ort zwischen alter Nikolaikirche, umzäunter Baustellte und neuem Museum Barberini, den die Künstlerin als "tot" bezeichnet. Tot, was die Aufenthaltsqualität betrifft.  

Schlussfolgerung und Sehnsucht

Mit einem Performanceprojekt will KulturMachtPotsdam diesen Ort zwei Tage lang wiederbeleben. Kleiner als im März, größer als im Mai: Acht Künstler:innen und ein Chor sind diesmal beteiligt. "insofern" lautet der Titel der Aktion, in dem nicht zufällig Schlussfolgerung und Sehnsucht mitschwingt. "insofern" will die Frage nach "nach dem gesellschaftlichen und künstlerischen Wie weiter? nach/in der Pandemie" stellen. So ist es in der zugehörigen Mitteilung an die Presse formuliert.

Die Künstler:innen haben dabei teilweise Ideen weiterentwickelt, die sie für eine Aktion im März ersonnen hatten - pandemiebedingt musste damals alles Analoge entfallen. Im Rahmen des Projekts „Potsdamer Kultursommer 2021“, für das die Stadt Potsdam Gelder aus dem Bundesfonds Neustart Kultur akquiriert hatte, gibt es jetzt die Chance zur Umsetzung.

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem neuen Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Mit der Romantik ist es vorbei

Für die Installation „Away“ stellen Jenny Alten, Bianca Baalhorn und Udo Koloska drei begehbare Telefonzellen auf den Alten Markt, mittels derer ein Perspektivwechsel erzielt werden soll: „fort von hier ins Hier und Jetzt“, so lautet das Motto der Installation. Über die Kunst dem Hier und Jetzt auf den Grund kommen: Das ist auch die Idee der gesamten Aktion. Sehen, was ist, ohne Schönmalerei. 

"Mit der Romantik ist es vorbei", sagt Jenny Alten, die auch konzeptionell beteiligt war. Die Idee, dass es woanders besser wäre, oder alles irgendwann schon wieder besser würde: ein Irrtum, so Alten. Die Künstlerin will das auf die Corona-Pandemie bezogen wissen ("nur noch ein paar Lockdowns, und dann wird das schon wieder"), aber auch generell auf den Zustand der Welt. Die Auswirkungen der Pandemie werden uns dauerhaft begleiten und die Klimakrise ist allgegenwärtig, das gelte es anzuerkennen. Pessimistisch? Nein, sagt sie. Die Welt ist wie sie ist, und es gibt nur die eine. "Man muss eben damit umzugehen lernen."

Das Wiederauferstehen der Fachhochschule

Als indirekter Appell dazu kann auch die Arbeit von Phillip Langer gelten: In der Nähe der Stelle, wo die Alte Fachhochschule 2018 abgerissen wurde, lässt er im Rahmen der Aktion "insofern" Reste des abgetragenen Gebäudes wieder auferstehen - in künstlerischem Kontext. Ein Kommentar auf den wenig nachhaltigen Impuls, alte Gebäude abzureißen, statt sie zu erhalten. Aber womöglich auch das Beharren darauf, eine geschichtliche Epoche und deren Architektur nicht völlig auszusparen im Stadtbild.  

"Als wir uns mit dem Alten Markt als Ort beschäftigten, kamen wir zu dem Schluss, dass man eigentlich alles anmalen müsste", sagt Jenny Alten. "Aber das ging natürlich nicht." Stattdessen wird die Künstlerin Annette Paul in einer Performance zum großen Reinemachen einladen. "Große Wäsche" nennt sie die Arbeit. Sie wird im Wesentlichen darin bestehen, öffentlich Windeln zu waschen. Eine metaphorische Einladung an die Stadt, mit sich ins Reine zu kommen. Und eine Reminiszenz an die, die traditionell im Verborgenen werkeln, um denen in der Öffentlichkeit zu Rang und Würde zu verhelfen: Frauen. 

Nackte Knäblein mit Windeln versorgen

Gedacht sind die Windeln für die goldenen Putten, die im Mai auf dem nachgebildeten Sockel der Fahnentreppe am ebenfalls nachgebildeten Stadtschloss aufgestellt wurden: Neun musizierende Engelsfiguren, die Friedrich II. höchstselbst entworfen haben soll. Annette Paul will die nackten Knäblein mit Windeln versorgen - und sucht dafür noch nach Stoffwindeln aller Art. 

Gebraucht oder neu: Wer Windeln zu geben hat, kann diese am Freitag ab 12 Uhr zu der Künstlerin auf den Alten Markt bringen. Sie bittet um Voranmeldung unter cultureusepompeuse@gmx.de. Am Samstag (28. August) um 17 Uhr wird es dann laut: Das Verz-Ensemble des Rechenzentrums gibt ein Megafonkonzert, nach Motiven aus "Robinson Crusoe".

"insofern", am 27. August von 18 bis 20 Uhr sowie am 28. August von 11 bis 20 Uhr auf dem Alten Markt. Eintritt frei. Besucher:innen müssen nachweislich geimpft, genesen oder getestet sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false