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Kultur: „Wilde Biester“ beim tierisch bunten Abend

Ein dichte Menschentraube versperrte am Samstagabend den Eingang der fabrik in der Schiffbauergasse. Auch nach der akademischen Viertelstunde hatten noch nicht alle Besucher im Zuschauerraum Platz gefunden.

Ein dichte Menschentraube versperrte am Samstagabend den Eingang der fabrik in der Schiffbauergasse. Auch nach der akademischen Viertelstunde hatten noch nicht alle Besucher im Zuschauerraum Platz gefunden. Der Grund: Der Offene Kunstverein präsentierte sein Jahresendprogramm mit dem vielsagenden Titel „Wilde Biester“. Diesmal nur an einem Abend. Wiederholung ausgeschlossen.

Versprochen war ein „tierisches Vergnügen“ mit so ziemlich allen Genres der Darstellenden Künste. Geboten wurden in einem Theater-Feuerwerk Pantomime, Slapstick, kurze Spielszenen und Impros, Flamenco, Tango, a-capella-Gesang, Kurzfilme und Artistik. Alles drehte sich darin um“s liebe Vieh – von A wie Affen bis Z wie Zoo – und meinte doch immer die „Krone der Schöpfung“. Die wurde in den mehr als zwanzig Szenen gehörig durch den Kakao gezogen: Ob in der Froschkönig-Parodie „Wie Barbie zu Ken kam“ oder in der Satire „Drei böse Mädchen im Zoo“. Immer standen menschliche Schwächen, Gemeinheiten und Unsitten im Mittelpunkt der jeweils nur wenige Minuten dauernden Szenen und natürlich das kollektive Lachen darüber.

Und davon gab es reichlich: Zu Beginn des Programms erschienen eine weißgekleidete Schöne und ein zähnefletschender Drache auf der Bühne und es dauerte gar nicht lange, bis dieser sein Vorhaben in die Tat umgesetzt und die liebreizende Person laut schmatzend verspeist hatte. Die Gute kannte „wilde Biester“ bis dahin nur aus Büchern. Dann trat eine riesige rote Hühnermama auf Stelzen mit ihren zwei, frisch aus dem Ei gefönten Küken auf, die ihr sogleich in Windeseile die Haare vom Kopf fressen wollten. Oder „die undankbaren Tiere“, die das Weite suchten, weil sie sich nicht länger von Herrchen oder Frauchen verwöhnen lassen wollten. Drei Minuten und es war klar, wer hier von wem abhängig ist. Das war sowieso das Hervorstechendste an der zweistündigen Show: Alles kam blitzschnell auf den Punkt. Mit großer Leichtigkeit und viel Esprit. Auch so altbekannte Geschichten wie „Der Storch und der Wolf“ oder „Der Hase im Rausch“ versprühten neuen Charme und jugendliche Frische.

Sehr unterstützt durch die originellen Kostüme von Sylvia Heilgendorff und Karin Rehbock und die unbekümmerte Spielweise der über 40 jungen Protagonisten aus allen Theatergruppen des Offenen Kunstvereins unter der Leitung von Ulrike Schlue und Nikki Bernstein. In dem schon erwähnten Kurzfilm „Wilde Biester“ kamen unter Zuhilfenahme literarischer Texte sowohl die Rättin, Ottos Mops, Gittis Hirsch als auch die eigentlich stummen Fische zu Wort. Auch das war witzig und geistreich. Genauso wie der wohlklingende Gesang des Kleinen Chores und die Sehnsuchtslieder des Duos Hasenscheiß. Ach ja, das Yoga-Schaf hieß nicht nur so, sondern beherrschte neben dem Sonnengruß noch einige andere entspannende Positionen. Zu guter Letzt: Das Ekeltier war gar nicht eklig, sondern ein bis dahin unbekanntes „Ui Ui“ und damit das Objekt der Begierde dreier Forscher, die den Nobelpreis dafür einheimsen wollten.

Und weil gar nicht alle Skurrilitäten – wie beispielsweise auch die Nixen mit ihren Hammerhaien – aufzuzählen sind, denn „irgendwann ist auch der schönste Abend zu Ende“, so Conférencier Philipp Pießmann, der locker flockig durch diesen führte, ist auch hier jetzt Schluss. Nicht, ohne noch mal gesagt zu haben, dass diese Revue wieder ein typisches Produkt des Offenen Kunstvereins mit seinem Reichtum an Fantasie und Artenvielfalt war.

Tosender Applaus nach einem eingelösten Versprechen in der fabrik. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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