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Kultur: Wichtige Akzente gesetzt

Der Kunsthistoriker Andreas Hüneke feiert heute seinen 60. Geburtstag

Der Kunsthistoriker Andreas Hüneke feiert heute seinen 60. Geburtstag Von Klaus Büstrin In Potsdam vermisst der Kunsthistoriker Andreas Hüneke nach wie vor eine städtische Galerie, die sich mit angemessenen Räumen dem kunstinteressierten Publikum stellt, in dem die Bilder atmen können. Seine Frau, die Stadtpolitikerin Saskia Hüneke (Bündnis 90/Die Grünen) hatte unlängst einen Vorschlag für neue Galerieräume ins Gespräch gebracht: das Gebäude der ehemaligen Feuerwehr bzw. Depots des Potsdam Museums in der Hebbelstraße/ Ecke Gutenbergstraße. Wenn man die Bewerbung Potsdams zur Kulturhauptstadt 2010 im Blick hat, sollte man, so Hüneke, schnellstens der zeitgenössischen Kunst, den Potsdamer Malern, Räume geben. Natürlich hat sie in Potsdam nicht die Tradition wie beispielsweise in Halle. Die dortige Galerie Moritzburg gehört zu den wichtigen Kunstsammlungen Deutschlands. Die vor allem in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts aufgebaute Sammlung von Expressionisten, ist von Bedeutung. Auch sie wurde, wie in allen deutschen Museen moderner Kunst, ein Raub der Nationalsozialisten, die die Werke erst durch die berüchtigte Wanderausstellung als „Entartete Kunst“ denunzierten und im Ausland verkaufen ließen. Zur DDR-Zeit wurden die Sammlungen durch Käufe erweitert. Die Partei-Administration war sicherlich nicht immer glücklich über so manche Neuerwerbung, argwöhnte sie doch auf so manchem Bild – und damit hatte sie nicht so Unrecht – versteckte Kritik an der realen DDR. Die Zeit an der Moritzburg war für Andreas Hüneke, der heute seinen 60. Geburtstag begeht, eine wichtige Zeit, hat er doch dort sein Kunstverständnis erweitern können. Die künstlerische Atmosphäre der Stadt war für Hüneke prägend. Ärger bekam er in den siebziger Jahren mit den Kulturfunktionären. Die von ihm kuratierte Ausstellung mit den Malern Hans Hendrik Grimmling, Lutz Dammbeck und Frieder Heinze wurde verboten. Der optimistische Blick auf die DDR soll ihr gefehlt haben. Andreas Hüneke wurde so mancher Stolperstein in den Weg gelegt Der in Eilenburg aufgewachsene Pfarrerssohn durfte die Erweiterte Oberschule nicht besuchen, da sein Vater Pfarrer war. Er ging nach der 8. Klasse an das Kirchliche Proseminar in Dahme, das als Mittelschulersatz galt, aber vom Staat nicht anerkannt wurde. Aber Andreas Hüneke wollte unbedingt Kunstwissenschaften studieren. Ein Weg, das Studium zu erreichen, schien ihm über die Lehre als Theatermaler möglich zu sein. Und so führte ihn sein Weg an das Theater in Magdeburg und nebenbei an die Abendschule, wo er sich auf sein Abitur vorbereitete und es schließlich erhielt. Ein Studienplatz wurde ihm nur bei den Theologen ermöglicht, und zwar in Halle. Doch hat er alles, was die Kunstwissenschaften an der Universität boten, genossen. Nach dem Examen blieb er jedoch nicht mehr bei der Theologie, es zog ihm zur Kunst. Er nahm eine Stelle an der Moritzburg als Mitarbeiter an. Doch die Stasi hatte auf ihn ein Auge geworfen. So manche kunstwissenschaftliche Arbeit von Andreas Hüneke wurde verhindert. Im Jahre 1978 ging er in die Freiberuflichkeit. Er kuratierte mehrere Ausstellungen, die immer wieder mit der Zensur in Kollision gerieten. In dieser Zeit lernte er Saskia Pflugbeil kennen, Tochter des Greifswalder Kirchenmusikers Hans Pflugbeil. Mit ihr, die Kunstwissenschaften studierte, zog er nach Potsdam. In den Schlössern und Gärten von Sanssouci hat man ihr bald die Verantwortung über die Skulpturensammlung anvertraut. In Potsdam brauchte es eine gewisse Zeit, ehe Andreas Hüneke sich mit einem Freundeskreis umgab. Zu Dr. Rudolf Tschäpe, der Physiker auf dem „Telegrafenberg“ war, pflegte er bald freundschaftlichen Kontakt. Er erlebte Tschäpes intensives und begeisterndes Verhältnis zur zeitgenössischen Kunst. Im Refraktorhaus richtete dieser eine Ausstellung für den Bildhauer Wieland Förster aus – eine mutige Tat, denn der Künstler war noch Anfang der achtziger Jahre bei den DDR-Oberen nicht beliebt. Hüneke hat dann auch selbst eine Ausstellung auf dem Telegrafenberg organisiert, dann eine umstrittene zur Friedensdekade in der Nikolaikirche. Andreas Hüneke, der wie seine Frau in der Bürgerbewegung eine der wichtigsten Köpfe war –seine Wohnung war oftmals Treffpunkt der Dissidenten – hat immer wieder versucht, mit Kunst der Politik Denkanstöße zu geben. Er hat bedeutende Ausstellungen verantwortet, beispielsweise für das Lindenmuseum Altenburg: Grafiken, Gemälde und Buchillustrationen zu Dostojewski in der deutschen Kunst – eine enorme Fleißarbeit. Die Verbindungen von Malerei, Musik und Literatur haben Hüneke schon immer interessiert. Nicht nur, dass er in wichtigen Chören mitsang, sondern er hat wissenschaftlich sich mit den Berührungspunkten der Maler Kokoschka und Feininger zur Musik beschäftigt. Für viele Kunstkataloge schrieb er Beiträge, für manches Buch als Autor verpflichtet. Ohne Frage gehören die bei Reclam erschienene Dokumentensammlung „Der blaue Reiter“, 1986, und das Buch „Franz Marc – Tierschicksale“, S. Fischer Verlag, 1994, zu den wichtigsten Veröffentlichungen. Sein umfangreiches Wissen über die Moderne der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist gefragt, auch in der Forschungsstelle „Entartete Kunst“, die von der FU Berlin und der Uni Hamburg verantwortet wird. An diesem Projekt ist Hüneke beteiligt. Und immer wieder ist es Potsdam, das ihm lieb geworden ist: mit Interessierten und Freunden hat er 2002 den Kunstverein gegründet, der das Kunstleben der Stadt vor allem mit Potsdamer Künstlern aktivieren will. Mit der Retrospektive zum Werk des Potsdamer Malers Stefan Eisermann, die 2003 im Alten Rathaus stattfand, ist es ihm bereits gelungen. Andreas Hüneke wird sicherlich noch wichtige Akzente in Potsdam und anderswo setzen: eher in der Stille, denn lautes Brimborium ist nicht seine Sache.

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