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Weihnachtsoratorium mit der Potsdamer Kantorei: Jubilieren mit Bach

Selten wird in Kirchen allerorten mehr musiziert als in der Advents- und Weihnachtszeit. Vom Kinderchor über die Kantorei bis zum professionellen Ensemble wird meist Altvertrautes, hin und wieder neues Repertoire von einigem Reiz geboten.

Selten wird in Kirchen allerorten mehr musiziert als in der Advents- und Weihnachtszeit. Vom Kinderchor über die Kantorei bis zum professionellen Ensemble wird meist Altvertrautes, hin und wieder neues Repertoire von einigem Reiz geboten. Weihnachtsmusik-Nostalgiker, die alte Weisen als Requisiten für das bevorstehende Fest mögen, und Hörer, die das Wunder des Christfests mit Musik neu erfahren und feiern wollen, kamen am Samstag vor dem vierten Advent in die Erlöserkirche, um die ersten drei Kantaten des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach zu erleben.

Die Potsdamer Kantorei, Solisten sowie das Neue Kammerorchester Potsdam boten unter der Leitung von Ud Joffe eine von aller Patina befreite Aufführung, die alles andere als asketisch-puristisch war. Der Chor machte bereits aus dem eröffnenden „Jauchzet, frohlocket“ zum Klang der Trompeten und Pauken sowie Echo der Flöten und Oboen den ersten Höhepunkt weihnachtlichen Jubilierens. Bach’scher Vorwärtsdrang, detailgenaues Singen, ein runder und warmer Chorklang war die eine musikalische Tugend des Ensembles, das mit rund 100 Sängerinnen und Sängern groß besetzt war. Die andere konnte man bei den Chorälen konstatieren, die oftmals auf Passion und Tod vorausweisen. Ud Joffe ließ sie von der Kantorei nach innen gewandt singen. Daher erhielten sie einen tief berührenden Ausdruck. Auch wirkten sie wie Ruhepunkte, um dann wieder in das Weihnachtsgeschehen einzutauchen. Prägte sich in der dritten Kantate der Chorsatz ,,Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen“ als skandierender Rhythmus ein, so begannen später Tenöre und Bässe, von den Frauen gefolgt, das ,,Lasset uns gehen gen Bethlehem“. Einem Bass-Rezitativ antwortete der Luther-Choral ,,Dies hat er alles uns getan, sein groß Lieb zu zeigen an“ im Ausdruck von Glaubensfestigkeit, was einmal mehr betroffen machte.

Den roten Faden bildet die Evangelistenpartie. Dabei gefiel der präzise singende, höhen- und koloraturensichere André Khamasmie als hoffnungsfroher Evangelist mit seinem warm timbrierten Tenor. Die an der Erlöserkirche zum solistischen Stammpersonal gehörende Mezzosopranistin Regina Jakobi war wie gewohnt stimmsicher und gab ihren drei Arien einen warmherzigen Ton. Der Bass-Bariton Andreas Jäpel entwarf in seiner Arie „Großer Herr“ mit viel Substanz jedoch nicht das Bild eines übermächtigen Königs, sondern eines Herrschers, der den Menschen ein Helfer sein will. Dana Marbach sang mit leuchtendem Sopranton die wohl wichtigsten Worte der Weihnachtsgeschichte, die des Verkündigungsengels: „Fürchtet euch nicht, ich verkündige euch große Freude“. Leider fiel die Interpretations-Qualität des trostreichen Duetts „Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen“ für Sopran und Bass in der zweiten Aufführung wegen Unsicherheiten ab. Aber das war das einzige Manko.

Mit großer Freude hörte man auch dem Neuen Kammerorchester und seinen Intrumentalsolisten zu. Nicht nur mit großer Aufmerksamkeit waren die Musiker bei der Sache, sondern sie hatten stets eine ausgewogene Klangbalance im Ohr. Zum Finale wurde dann nicht das „Herrscher des Himmels“, bei dem von den matten Gesängen die Rede ist, wie üblich wiederholt. Souverän musizierte man noch einmal „Jauchzet frohlocket“. Die Zuhörer dankten mit herzlichem Applaus.Klaus Büstrin

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