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Ortrud Westheider, die neue Direktorin des Museums Barberini.

© Museum Barberini/www.museum-barberini.com

Was das Kunstmuseum Barberini bieten wird: Der Gipfel

Das Museum Barberini wird Potsdam an die internationale Kunstwelt anschließen – und die Kunstwelt nach Potsdam holen. Eine Vorschau auf das Konzept von Direktorin Ortrud Westheider.

Potsdam - Es passiert jedes Mal: Wenn Bilder aus verschiedenen Sammlungen und Museen für eine bestimmte Ausstellung irgendwo zusammenkommen, einmalig in dieser Zusammensetzung, entsteht neue Erkenntnis. Tausendfach – zumindest auf Reproduktionen – gesehen, zeigen sie plötzlich ganz andere Seiten von sich. Weil sie, wie Menschen auch, einander in neuer Gesellschaft wechselseitig wieder neue Geheimnisse entreißen. „Nur deswegen verleihen Leute überhaupt ihre Werke für Ausstellungen – weil sie sich neue Erkenntnisse erhoffen“, sagt Ortrud Westheider.

Die am Donnerstag öffentlich vorgestellte neue Direktorin des Museum Barberini will genau solche Gipfeltreffen von Bildern ab dem kommenden Jahr regelmäßig inszenieren. Damit eben nicht nur die großartigen Bilder – Impressionisten, DDR-Künstler – aus der Sammlung Hasso Plattners, der das Museum baut und betreibt – gezeigt werden, sondern damit eben diese Bilder in Dialog mit anderen treten können. Erst in immer wieder veränderten Kontexten können, so könnte man Westheider verstehen, die Bilder immer neue Facetten ihrer Aura im Sinne Walter Benjamins enthüllen. Für Benjamin war die Aura eines Kunstwerks gekennzeichnet durch seine Echtheit, Unnahbarkeit und Einmaligkeit.

Nicht nur zeigen, sondern vermitteln

Konkret heißt das, Westheider will, was alle guten Kuratoren wollen: Nicht nur zeigen, sondern vermitteln, neue Fragen an die Werke und an die Kunst selbst stellen und beantworten. Deshalb gehört es zu ihrem Konzept, jeder neuen Ausstellung – jedes Jahr drei wird es im Museum Barberini geben – ein Symposium voranzustellen. Ein Gipfeltreffen vor dem Gipfeltreffen der Bilder also. Wissenschaftler, Kuratoren, Künstler aus aller Welt werden eingeladen, die zu bestimmten Aspekten der Kunstwerke forschen.

Die erste Ausstellung „Impressionismus. Die Kunst der Landschaft“ stellt zum einen natürlich Plattners Privatsammlung in den Mittelpunkt. „Ein solches Auge, eine solche Sicherheit, mit der er seine Bilder auswählt, ist selten, auch bei anderen Sammlern, das erklärt auch die Geschlossenheit seiner Impressionisten-Kollektion“, sagt Westheider. Werke daraus werden in der Landschafts-Ausstellung mit Leihgaben vor allem aus den USA kombiniert. Dass es um Landschaft geht, scheint auf den ersten Blick klar, bei einer Impressionisten-Schau. Aber nur auf den ersten Blick. Denn wofür steht denn die Landschaft bei diesen Künstlern, die ja in ihrer Zeit Revolutionäre waren, fragt Westheider. Es ging ihnen eben nicht um hübsche Stimmungen, vielmehr suchten sie in der Natur nach Äquivalenten eines modernen Lebendgefühls – und eckten damit bei den Akademien und Betrachtern ganz schön an. „Das ging eigentlich völlig gegen die Regeln der traditionellen Landschaftsmalerei“, so Westheider.

Verbindung von Impressionisten und Naturwissenschaften

Und: „Es waren auch vordergründig nicht nur Idyllen, die sie gemalt haben, es finden sich in ihrem Werk auch Industrielandschaften.“ Über dieses Thema etwa wird beim Symposium zur Eröffnungsausstellung der Journalist und Kunstmarkt-Experte Stefan Koldehoff sprechen. Amerikanische Forscher werden sich dann mit der Verbindung von Impressionisten und Naturwissenschaften oder der ökologischen Krise beschäftigen. Was auch zeigt: Auch rund 150 Jahre nach der Epoche haben Maler wie Pissarro, Monet, Morisot oder Caillebotte uns noch etwas Neues zu sagen. An ihren Lichtfarben – sehr hellen Pastelltönen – orientiert sich auch das gesamte Corporate Design des Museum Barberini. Weil diese Farben als Untergrund die Bilder richtig zum Strahlen bringen – ob auf Flyern, Ausstellungsplakaten oder auf der Homepage.

Übrigens: Gustave Caillebottes Bild „Die Brücke von Argenteuil und die Seine“ ist fast eine Art Leitbild für die Eröffnungsausstellung. „Wenn man so Wasser malen kann, dann kann man malen“, sagt Plattner. Zur Pressekonferenz am Donnerstag kommt er direkt vom Flughafen, aus den USA. Dort befindet sich auch der größte, der wichtige Teil seiner privaten Kunstsammlung, eben die Impressionisten. Und dort werden sie, anders als ursprünglich geplant, auch bleiben – und nicht mit anderen Teilen seiner Sammlung im Museum Barberini zusammengeführt. Schuld sei, das sagt er am Donnerstag ganz deutlich, die geplante Novelle des Kulturgutschutzgesetzes in Deutschland, das die Ausfuhr von national wertvollen Kulturgütern beschränken soll. „Das ist eine Fehlkonstruktion, durch die mehr Kunst aus Deutschland abwandern wird“, so Plattner. „Schlimmer noch: Es kommt, anders als in anderen reichen Ländern, keine mehr hinzu.“

Seine Sammlung von DDR-Künstlern aber – allen voran Werke von Wolfgang Mattheuer –, die „ist hier schon am richtigen Platz“, so Plattner. Ihr wird sich auch die dritte Ausstellung 2017 widmen.

Der amerikanische Weg in die Moderne

Zuvor aber wird noch mal in die Ferne geguckt: „Von Hopper bis Rothko“ wird die Sommerausstellung heißen, die sich mit dem amerikanischen Weg in die Moderne beschäftigen wird und in Zusammenarbeit mit der Philipps Collection in Washington entsteht. Viele der dort gezeigten Künstler – Georgia O’Keeffe, Edward Hopper, Arthur G. Dove – gab es in Europa bisher selten zu sehen. Damit führt Westheider übrigens auch den Anspruch Friedrichs II. weiter, der mit seiner Kunstsammlung erstmals den Blick nach Europa, also in die Welt hinein, richten wollte. Er war es, der anfing, neben deutschen auch italienische und flämische Künstler zu sammeln – und sie für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im ähnlichen Ausmaß revolutionär wird auch das neue Museum Barberini sich vernetzen und in die – globalisierte – Welt hineinstrahlen.

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