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Weltformeln. Schillers Leinwände sind unterteilt in kleine rechteckige Flächen, die mal Kermit, dem Frosch, mal Joseph Beuys, mal einem Leuchtturm vorbehalten sind.

© promo

Von Richard Rabensaat: Die schöne Welt

Der Künstler Andreas Schiller gibt Ratschläge zur romantischen Bewältigung der gegenwärtigen Krise

Hunderte von Äpfeln hat Andreas Schiller gemalt, oder besser: einen Apfel etliche hundert Mal. Zu sehen sind die Bilder im „Spiekers Corner“, einem temporären Kunstraum in Babelsberg. Die Ausstellung versammelt schöne Bilder mehrer Künstler, die mit ihrer romantischen Malweise ein wenig wie aus der Welt gefallen wirken.

Schillers Apfel ist ein schöner, praller, roter Apfel, mal vor hellem, mal vor dunklem Hintergrund. Eigentlich sei er ja kein so guter Maler, deshalb habe er sich ein Konzept überlegt, erklärt Schiller bewusst tief stapelnd.

Das Konzept bestehe darin, seine Malerei seriell zu betreiben. Wenn alles gut gehe, hänge der Apfel dann bald in der ganzen Welt in Küchen und Stuben.

„Bei Andreas geht es immer um die ganz großen, weltumgreifenden Themen“, stellt der Künstler Ronald Sima, in dessen Haus die Ausstellung stattfindet, fest. Wie groß die Themen sein müssen, macht Schiller mit einer etwa zehnminütigen Performance, in der er ein Aquarell malt, deutlich. Die deutsche Nation stecke in einer Krise, sie solle zu ihrer Größe zurückfinden, und er, der Künstler weise den Weg. Der Weg sei ein romantischer, das Bild der Lebensstufen von Caspar David Friedrich zeige ihn auf. Es gehe letztlich darum, einfach spazieren zu gehen, wie Caspar David Friedrich das gemacht habe und die Landschaft, das Leben und die Schönheit die einen umgibt, wahrzunehmen.

Das klingt nun nicht mehr so hoch trabend. Überhaupt scheint der Künstler es mit den ganz großen Themen nicht so ernst zu meinen, ein ironischer Unterton schwingt die ganze Zeit mit.

Eine andere Bilderserie Schillers versammelt von ihm sogenannte „Weltformeln“. Die Leinwände sind unterteilt in kleine rechteckige Flächen, auf denen sich jeweils ein Gegenstand vor monochromen Hintergrund findet. Mal ist es Kermit, der Frosch, mal Joseph Beuys, mal ein Leuchtturm. Das wirkt eher wie ein beliebiges Sammelsurium, auch wenn es zu den Bildern Geschichten gibt, mit denen Schiller die Auswahl der Motive erklärt. Das Konzept ergibt sich aus der gleichartig angelegten Form der Bilder.

Auch Matthias Koeppel ist auf seine eigene Weise ein konzeptueller Maler. Der emeritierte Professor hat sich sein Leben lang mit Motiven beschäftigt, die einen politischen Hintergrund haben. Der Mauerfall, viele Ansichten Berlins, politische Demonstrationen, der Zerfall der DDR waren seine Themen. Nicht selten schwebt ein Hauch von Melancholie über den Bildern. Es wirkt wie der Wunsch, das Geschehen nicht weiter zu dramatisieren, sondern ihm einen Moment der Besinnung in Schönheit abzuringen. In der Ausstellung hängt ein Bild Koeppels vom Berliner Nordbahnhof. Der Ort hätte sich zu einer Anklage der Sünden der verblichenen DDR geeignet, schließlich steht dort auch die Mauergedenkstätte. Koeppel aber lässt Wolken über einen rosafarbenen Himmel ziehen. Auf einer weiten leeren Fläche spielt ein Junge Fußball, das Bild entstand im Jahr der Fußballweltmeisterschaft. Links steht ein Bauwagen mit Brettern. Vielleicht will sich der Maler mit der Geschichte versöhnen, möglicherweise zeigen, dass hier Neues entstehen kann.

Koeppel und Schiller haben sich in einem Künstlerhaus in Spiekeroog kennen und schätzen gelernt, so kam es schließlich zu der gemeinsamen Ausstellung, die im Untertitel „Preussen vor Ostfriesland“ heißt. Auch die anderen Künstler der Ausstellung, darunter auch Sooki, die ebenfalls Landschaftsaquarelle malt, beharren auf ruhigen, einfachen Motiven wie dem der Landschaft und des weiten Himmels. Sie zeigen, dass die Sehnsucht der Romantik nach dem Numinosen und einer Welterklärung abseits rationaler Strategien und sozialer Konfliktstudien auch heute noch in der Kunst ihren Platz hat.

„Spiekers Corner oder Preussen vor Ostfriesland“; Uhlandstr. 6, Tel: 0331-903714; Mobil: 0172-3913897; zu besichtigen auf Anfrage.

Richard Rabensaat

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