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Kultur: Von „lebenden Requisiten“ zu vielgestaltigen Rollen

Der Potsdamer Helge Sauer steht als Laiendarsteller auf der Bühne des Hans Otto Theaters neben Katharina Thalbach und Angelica Domröse

Vor einigen Jahren sang Helge Sauer mit seiner Gitarre noch auf Potsdams Straßen, heute steht er auf der Bühne des Hans Otto Theaters (HOT) und versucht sich in einem Trio mit Schauspielern als „Tenor“ mit Puccini. In der Inszenierung der Komödie „Filumena“ ist er als einer der drei Söhne der Filumena zu erleben, ein intellektueller junger Mann, der sehr introvertiert und verkrampft durchs Leben geht. Erst in der Begegnung mit den Brüdern und dem „Vater“ taut Umberto auf und ist auch bei Handgreiflichkeiten sehr rege. Sauer brauchte sich neben seinen Darstellerkollegen nicht verstecken.

Dabei ist der Potsdamer ein Laie. Ohne schauspielerische Ausbildung bewältigt er die Rollen, die ihm anvertraut sind. Der gelernte Offset-Drucker studierte einige Semester Germanistik und Anglistik an der Universität Potsdam. Aber zum Theater wollte er zunächst nicht. Eher Musik machen. „Aber als Student muss man nebenbei Geld verdienen, um sich finanziell unabhängig zu machen“, erzählt Helge Sauer. Als er in den HOT-Jugendclub mal reinschaute und dann auch Rollen spielte, beispielsweise den Kaspar Hauser, erfuhr er, dass hin und wieder Statisten am Theater benötigt werden. „Lebende Requisiten“, sagt Helge Sauer zu diesen Figuren. Da kann es passieren, dass man sich während einer Inszenierung – ob in der Oper, im Schauspiel oder im Märchenstück – als Soldat oder Räuber, Bauer oder Fürst verkleiden muss. Seit gut zehn Jahren ist er in der Statistenkartei des Potsdamer Theaters zu finden. Ab 2002 kam er dem Haus noch näher. Er nahm einen Job als Bühnentechniker an. Da konnte er die Mimen auf den Brettern, die die Welt bedeuten, bei ihrer Arbeit ganz aus der Nähe beobachten. „Das war eine wichtige Zeit.“ Er könne, so Helge Sauer, sich auf sein akustisches und optisches Aufnahmevermögen gut verlassen. „Aber richtig lernen kann man erst in der Praxis.“ Als er in der Robin Hood-Inszenierung in der vergangenen Spielzeit besonders gefordert wurde – er musste neben dem Spielen auch tanzen und fechten –, fasste er Mut und bat um einen Termin beim Intendanten Uwe-Eric Laufenberg. Helge Sauer entdeckte, dass die Schauspielerei eventuell sein Leben bestimmen könnte. Zum Vorsprechen lernte er unter anderen die Rolle des Kostja aus Tschechows „Die Möwe“. In der Komödie des russischen Dichters konnte er dann eine „richtige“ Rolle spielen. Laufenberg verpflichtete ihn für den Gutsarbeiter Jakow. Auch hierbei hat er die Theaterleitung überzeugt, so dass er wiederum einen Gastvertrag bekam, für „Filumena“ . Schwierigkeiten mit den Großen der darstellenden Kunst wie Katharina Thalbach oder Angelica Domröse habe er nicht, aber viel Respekt. „Ich muss meine Arbeit so gut wie möglich machen. Qualität zählt. Kein Zuschauer wird fragen, ist der oder jener ein Laie oder Professioneller.“

Ende März ist für Helge Sauer erneut Premiere: Laufenbergs „Faust“-Inszenierung. Helge Sauer ist seinem Traum, Schauspieler zu werden, ein Stück näher gekommen. Klaus Büstrin

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