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Von Klaus Büstrin: Die Wohnung ein einziges Museum

100 Jahre Museum in Potsdam: Paul Heiland war der wichtigste Fayencesammler seiner Zeit

Am 20. April feiert das Potsdam-Museum sein 100. Jubiläum. Potsdamer Bürger gründeten 1909 einen Museumsverein. Ihre Geschichtskenntnisse und Sammelleidenschaften bildeten die Grundlage für ein Städtisches Museum. In einer losen Folge wollen die PNN Gründungsmitglieder des Vereins und ehemalige Mitarbeiter des Museums würdigen. Heute: Paul Heiland (1870-1933).

Zehn Zimmer waren gefüllt mit Kunstwerken. Wenn man sich alte Fotografien der Wohnung anschaut, dann hat man den Eindruck, dass sie fast überfüllt waren mit Fayencen, Glas, Gemälden, Zeichnungen, Grafiken und antiken Möbeln. Der promovierte Kunstwissenschaftler Paul Heiland war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer der eifrigsten und bedeutendsten Kunstsammler und Mäzene Potsdams.

Der Junggeselle, viele Jahre gehegt und gepflegt von einer Haushälterin, hatte seine großräumige Wohnung in der Beletage des repräsentativen Gründerzeit-Hauses direkt gegenüber des Nauener Tores, in dem sich heute das Verwaltungsgericht befindet. Zu Heilands Zeiten gehörte das Gebäude der Deutschen Lebensversicherung und war ein Mietshaus für wohlhabende Bürger.

Paul Heiland war Mitbegründer des Potsdamer Museums-Vereins und einer der Initiatoren des Städtischen Museums. Am 30. August 1909 trat der Ausstellungsausschuss des Vereins mit Julius Haeckel, Fritz Rumpf und Paul Heiland erstmals zusammen. Und schon wenige Wochen später konnte die erste Ausstellung im Nordflügel des Alten Rathauses eröffnet werden. Der Aufruf der Vereinsmitglieder an die Potsdamer, für das Museum Geld zu spenden, funktionierte bestens. In kürzester Zeit kamen die erforderlichen 15000 Reichsmark zusammen. Gründungsmitglieder stellten aus ihren Sammlungen Kunst- und Alltagsgegenstände zur Verfügung. Paul Heiland war mit Fayencen dabei. Das sind zinnglasierte Irdenwaren, die nach Fenza, einem Hauptort italienischer Fayencemanufaktur, benannt wurden.

Testamentarisch verfügte er bereits 1909, dass seine Sammlung nach seinem Tod dem Städtischen Museum zugeordnet werden soll. Er hoffte auf ein Fayence–Museum, das sich in Potsdam zu seinem Leidwesen aber nicht verwirklichen ließ.

Das Testament ließ er ändern. Der größte Teil des Keramik-Besitzes kam nun in das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg sowie in das Bayrische Nationalmuseum in München, immer in der Hoffnung, ein Museum könnte gegründet werden. Doch bis heute sucht man in Deutschland vergeblich danach.

Das Städtische Museum Potsdam erhielt nach dem Tod Paul Heilands rund 100 Fayencen, Zeichnungen, Gläser, Grafiken. Auch Gemälde, beispielsweise eines aus der Werkstatt Antoine Pesnes, das den Kronprinzen Friedrich (II.) zeigt, das Porträt des Architekten Carl von Gontard, von einem unbekannten Künstler gemalt, und Ölskizzen von Carl Gustav Wegener.

Durch Kriegseinwirkungen verlor das Museum leider einen großen Teil der keramischen Sammlung Heilands. Heute befinden sich im Potsdam-Museum rund 40 Vasen, Teller oder Maßkrüge. In den sechziger Jahren stellte das Potsdam-Museum die Fayencen in einer Ausstellung im Ständehaus in der Breiten Straße vor. In der aktuellen Schau „Kunst ohne König“, die ab Mai im Kutschstall zu sehen ist, wird auch des Kunstwissenschaftlers und Sammlers gedacht.

In Paul Heilands Nachlass befanden sich etwa 3600 Fayencen aus über 43 Fabriken, darunter auch aus der Potsdamer Manufaktur, die 1756 mit königlicher Genehmigung von Christian Friedrich Rewendt gegründet wurde. 1775 ging das Unternehmen an Constantin Sartori. 25 Jahre später kaufte es der Steingutunternehmer Eckardstein und verlegte den Betrieb nach Berlin.

In der Sammlung Heilands waren zudem 25 Sandstein- und Holzskulpturen, 300 Stück Porzellan, 175 Gläser, Kupferstiche, darunter von Dürer und Rembrandt, 95 Ölgemälde, eigene Zeichnungen und Fondsbemalungen von Fayencen und anderes.

Paul Heiland war gebürtiger Potsdamer. Er war der einzige Sohn von Wilhelm und Clara Heiland, einer geborenen Pignol. Sie entstammt einer alten Hugenottenfamilie. Wilhelm Heiland war der Chef der Seidenfabrik Pignol & Heiland. Er brachte es mit seinem Betrieb zu einem beachtlichen Vermögen. Und nur so war es möglich, dass Paul schon als Gymnasiast – er besuchte das Victoria-Gymnasium – alte kunsthandwerkliche Erzeugnisse sammeln konnte. Auch als Student. Zunächst nahm er ein Jurastudium auf, dann ließ er sich in die Kunstwissenschaften an der Universität in München sowie in Straßburg bei dem renommierten Professor Georg Dehio eintragen. Es zog ihn immer wieder in das kunstsinnige München. Zeit seines Lebens. Aus Potsdam schrieb er sehnsüchtig an den Generaldirektor des Bayrischen Nationalmuseums: „Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, meine Tage an der Isar zu beschließen und dort meine Fayencen zu verarbeiten, was mir hier unmöglich ist.“

Heilands Freund Hans Rupé berichtet, wie der Sammler als junger Mann Freude daran hatte, die begehrten Kostbarkeiten zu erwerben: „Eine Fahrt auf entlegene Dörfer war das größte und zugleich das billigste Sammlervergnügen. In manchen Bezirken brauchte man sich nur in einem Dorfkrug zu etablieren und durch den Amtsboten oder Nachtwächter ausschellen zu lassen, dass jemand da sei, der altes Geschirr kaufe und für jedes Stück, das ihm gefalle einen Taler bezahle.“ Später freilich reiste er nicht mehr übers Land, sondern war in Antiquitätengeschäften oder auf Auktionen zu Hause.

Paul Heiland wurde einer der bedeutendsten Kenner von Fayencen in Deutschland. Der Potsdamer Sammler schrieb auch ein gewichtiges Buch auf diesem Gebiet: „Deutsche Fayence-Kultur“. Georg Dehio reagierte auf diese Veröffentlichung: „Paul Heiland hat ein Buch in die Öffentlichkeit gebracht! Ich bin also nicht umsonst 75 Jahre alt geworden.“

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