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Kultur: Von Intrigen, Ablehnung und Berufung Erste Barberini-Studie widmet sich Palast-Galerie

Der Chefarchitekt Heinz Graffunder hätte es ganz anders gemacht: Ihm schwebte eine Dekoration vor mit plastischen Köpfen, Tauben und Händen, fein von Blattgold überzogen. So ein Glitzerwerk im Hauptfoyer des Palastes der Republik lehnte der Bildhauer Fritz Cremer rigoros ab.

Der Chefarchitekt Heinz Graffunder hätte es ganz anders gemacht: Ihm schwebte eine Dekoration vor mit plastischen Köpfen, Tauben und Händen, fein von Blattgold überzogen. So ein Glitzerwerk im Hauptfoyer des Palastes der Republik lehnte der Bildhauer Fritz Cremer rigoros ab. Und schließlich war er es ja, der von der SED-Obrigkeit damit betraut worden war, für die künstlerische Ausgestaltung zu sorgen. Der anhaltende Konflikt, mit Intrigen gespickt, führte schließlich zum Rückzug Cremers. Das war im Oktober 1974. Da standen bereits fast alle 14 Künstler fest, die das Foyer mit ihrer Malerei bestücken sollten.

Von solchen und anderen Konflikten erzählt die Dokumentation „Dürfen Kommunisten träumen?“, die Michael Philipp über „die Galerie im Palast der Republik“ herausgegeben hat. Es ist der erste Band der Reihe „Barberini Studien“ und zeigt Abbildungen aller Werke, auch im Detail. „Die Gemälde der beauftragten Künstler im Staatsauftrag geisterten wie ein Phantom durch die Literatur, weil sie seit 20 Jahren nicht mehr zu sehen waren. Hier werden sie zum ersten Mal in einer Publikation nach 1989 ausführlich bildmonographisch analysiert“, schreibt Ortrud Westheider, die Direktorin des Museums Barberini im Vorwort.

Michael Philipp las sich durch die vorhandenen Autobiografien der Künstler, analysierte ihre Zitate, Lieder und Gedichte, die der Malerei teils zugrunde lagen, und kniete sich in die jeweilige Bildsprache hinein. Und er betrachtete den Konflikt zwischen künstlerischer Autonomie und staatlicher Repräsentation. Wolfgang Mattheuer äußerte 1975, er nehme nie Aufträge an, es sei denn sie entsprächen einer bei ihm bereits bestehenden Bildidee. Und das wurde ihm auch ermöglicht. Für Ronald Paris war es „ein Auftrag im besten Sinne, ein Auftrag von außen und zugleich ein innerer Auftrag.“ Womacka dramatisierte: „Man wurde berufen und eine Absage wäre einem Selbstmord gleichgekommen.“

Harald Metzkes lehnte indes ab, da er ein Hineinreden staatlicher Stellen befürchtete. Auch Hans Vent wollte sich zunächst nicht beteiligen, weil er sich von seinen baugebundenen Wandmalereien inzwischen verabschiedet und künstlerisch anders orientiert hatte. „Cremer gewann ihn mit dem Argument, die offene Formulierung des Themas sei auch geeignet, neuen Kräften in der Malerei Raum zu geben.“ Willi Sitte beugte sich ebenfalls der Überredungskunst Cremers. Sitte schrieb in seiner Autobiografie: „Mir war die ganze Sache schon von der Architektur her suspekt, und ich hatte eigentlich keine Lust.“ Aber er ließ sich schließlich darauf ein und schwang „die rote Fahne“. Jedem Maler war es freigestellt, wie er das vorgegebene Thema auffasste. Die Künstler der Palast-Galerie waren sehr unterschiedlich. Und gerade diese Verschiedenheit war wohl eines der Auswahlkriterien. Gemeinsam war ihnen die Akzeptanz des Staates, unabhängig von mancherlei Kritik. Jä

Der erste Band der „Barberini Studien“ ist im Buchhandel oder im Museum Barberini erhältlich

Michael Philipp

Dürfen Kommunisten träumen? Die Galerie im Palast der Republik. Eine Dokumentation.

Prestel Verlag 2017.

Hardcover 19,95 Euro Broschur 14,95 Euro

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