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Verwandlungen. Andrea Bernard Fensch und Adrian Navarro tanzen zu Ovids Metamorphosen, während Schauspieler Heiko Schendel ihnen seine Stimme gibt.

© Manfred Thomas

Von Heidi Jäger: Wenn die Götter grollen

Morgen Premiere des Ovid-Ensembles Potsdam: „8 Metamorphosen des Ovid“ im Treffpunkt Freizeit

Sie werden gleich vierfach gespiegelt: die sagenumwobenen Helden des Ovid. In Musik, Lesung, Malerei und Tanz können sie in all ihren Facetten schillern und zugleich ihre traurige Verwandlung sinnesreich zur Schau stellen. Wie Niobe, die Fürstin und Mutter von 14 Kindern, die sich stolz über die Götter erhebt und als Strafe all ihre Kinder verliert und in ihrem Kummer versteinert. Oder Pyramus und Thisbe, die sich lieben und erst im Tod als Asche in der Urne zueinander finden. Antike Gestalten, an denen selbst Shakespeare nicht vorbei kam und sie in „Romeo und Julia“ adaptierte. Verse der Verwandlung, 2000 Jahre alt, und doch so jung, dass sie nimmermüde bis heute die Phantasie beflügeln.

Ulrike Fabienke war noch in Weimar an der Franz-Liszt-Musikhochschule, als sie das erste Mal die Bekanntschaft Ovids machte: Sie blies auf ihrer Oboe Benjamin Brittens „6 Metamorphosen des Ovid“ und sah vor ihrem geistigen Auge die sich wandelnden Figuren tanzen. Ihre künstlerischen Wege haben sich seitdem vielfach verästelt, doch Ovid blieb sie in Gedanken treu. Sie begeisterte andere Künstler und gründete mit ihnen das „Ovid Ensemble“. Am morgigen Freitag steht es nun das erste Mal auf der Bühne: im Treffpunkt Freizeit mit seinen „8 Metamorphosen des Ovid“. Zu den sechs Vertonungen Brittens aus dem Jahr 1951 sind zwei weitere hinzugekommen: von Fabian Klebig, dem jungen Potsdamer Komponisten, der einst bei Ulrike Fabienke Meisterschüler auf der Oboe war. Er kleidete nicht nur Pyramus und Thisbe in ein Notengewand, sondern auch die geschwätzige Nymphe Echo, die von Juno bestraft wird und nie mehr ein Gespräch beginnen, sondern es nur noch wiederholen darf. Als sie sich in den bildschönen Knaben Narzissus verliebt und von ihm zurückgewiesen wird, verkriecht sie sich voller Scham. Ihr Körper löst sich auf. Zurück bleibt nur ihr Widerhall in den Bergen. Man darf gespannt sein, wie Fabian Klebig der plappernden Nymphe Sprache verleiht, zumal sein Kompositionsstil aus der Improvisation schöpft und an Filmmusik erinnert. Dennoch passt er sich dem Stil Brittens an und verlässt nicht den von Ulrike Fabienke vorgegebenen Rahmen, der auf klassische Ästhetik und moderne Ausdrucksweise setzt.

Bevor sich die Verwandlungen auf der Bühne vollziehen, rollt Klebig mit einer Ouvertüre zur „Weltschöpfung“ einen Klangteppich aus, auf dem sich verzweifelte Liebe, aufwühlende Schicksalsschläge und immer wieder Gottes Zorn vereinen.

Ulrike Fabienke möchte mit ihrem Projekt, das sie „Ballett zur Lesung, begleitet von Aktionsmalerei“ untertitelte, einen „unendlichen Augenblick“ erschaffen. Ein Schauspieler liest aus den Verwandlungen. Zum Text entwickelt sich eine Choreografie und der Tanz wird wiederum von ihr auf der Oboe begleitet. „Droht sich der Tanz im Moment der Flüchtigkeit zu verlieren, hält der Text ihn fest. Bevor der letzte Ton verhallt, bleibt er für immer gefangen in dem Ölbild, das auf der Bühne während der Vorstellung entsteht“, umreißt die künstlerische Leiterin ihre Konzeption.

Der Potsdamer Malerin Jeanne kommt dabei der wichtige Part der Bewahrung zu. Bereits seit Monaten ist sie in den Mythen versunken, skizziert auf den Proben den Tanz. Im Foyer des Treffpunkts Freizeit werden acht ihrer figürlich gemalten Bilder mit bewegten Farbspielen auf die Aufführung einstimmen. Während der sieben Vorstellungen steht sie mit auf der Bühne und malt an zwei neuen Bildern, die allesamt nach dem Zyklus der sieben Vorstellungen gekauft werden können.

Ihre Metamorphosen seien ein großes finanzielles Wagnis, sagt Ulrike Fabienke, die sich bereits mit dem Duo „La Fabella“ einen Namen gemacht hat und nun vom Ovid-Ensemble Gleiches erhofft. Einen Großteil der Kosten habe sie aus eigener Kasse vorfinanziert, wurde aber auch von einigen Sponsoren unterstützt. „Doch ich war oft davor, das Handtuch zu werfen, gerade als große Sponsoren kurz vorher absprangen. Doch mein Freund, der als Rockmusiker gerade eine Band gegründet hat und sich in ähnlicher Situation befindet, wie ich, hat mich immer wieder ermutigt, dran zu bleiben.“ So wie ihre sieben Ensemble-Mitstreiter, die teils an großen Häusern Karriere machten und sich nun in weiteren Projekten auch open air dem großen Künstler der Antike annehmen möchten. So wie zu Zeiten Ovids verschiedene Kunstgattungen auf der Bühne vereint wurden und als „Musiké“ in die Theatergeschichte eingingen, trägt das Ovid Ensemble diese Musiké nun ins Heute hinüber.

Premiere am Freitag, 24. September um 19.30 Uhr im Theatersaal „Treffpunkt Freizeit“, Eintritt 12/erm. 10 Euro. Karten unter www.ulrike-fabienke.de/ovid-projekt oder im PNN-Shop bei Karstadt.

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