zum Hauptinhalt

Kultur: Unbändige Junge Philharmoniker

Auftakt zu „Musikschulen öffnen Kirchen“

Am Samstagabend begann die elfte Saison der Reihe „Musikschulen öffnen Kirchen“. Vor zehn Jahren begann der Verband der Musik- und Kunstschulen Brandenburg mit 14 Konzerten. 2017 sind es bereits 76 Veranstaltungen. Gotteshäuser in Dörfern und Städten im ganzen Land werden durch musikalische Darbietungen von Musikschülerinnen und -schülern belebt. Außerdem erfüllen sie einen guten Zweck: Die Einnahmen kommen der Restaurierung und Sanierung der jeweiligen Kirche zugute. So kann auch die Friedenskirche Sanssouci aus den Eintrittskarten-Erlösen des Eröffnungskonzerts profitieren, nämlich für die Neudeckung ihrer Seitendächer, die noch in diesem Jahr ansteht.

Zum Auftakt musizierte die Junge Philharmonie Brandenburg unter der Leitung des jungen französischen Dirigenten Aurélien Bello. Die 13- bis 25-jährigen Instrumentalisten hatten eine Woche lang in der Musikakademie Rheinsberg sinfonische Großwerke russischer Komponisten geprobt. Bello muss intensiv mit den gut 80 jungen Musikerinnen und Musikern gearbeitet haben. Zwar war anfangs eine gewisse Anspannung nicht zu überhören. Doch die Jungen gönnten sich nach und nach einen eher lockeren Zugang zu den Werken, der sie manchmal jedoch querfeldein zu führen schien.

Sie arbeiteten jedoch mit Kraft, fein geputzter Technik und mit einem unbändigen Gestaltungswillen, was der Außenansicht der aufgeführten Kompositionen insgesamt guttat. Doch zu fragen ist, ob die Philharmonie auch aufführungspraktisch und musikhistorisch noch genauer, noch informierter auftreten könnte. Nicht allem und jedem – zum Beispiel Tschaikowskys 5. Sinfonie – bekommt der riesige Orchesterapparat, der sich mithin nicht scheut, an akustische Schmerzgrenzen in der für diese Werke viel zu kleinen Friedenskirche zu gehen. So ist das Gesamtbild vielleicht etwas differenzierter, als es das nach dem Konzert uneingeschränkt enthusiasmierte Publikum vermuten ließ.

Dennoch ist die Qualität der jungen Musikerinnen und Musiker insgesamt hoch. Und sie haben in Aurélien Bello einen Dirigenten, der sie bei Modest Mussorgskis „Die Nacht auf dem kahlen Berge“ und bei der fünften Sinfonie von Peter Tschaikowsky zu mutigen Tempowechseln und zu einem ehrlich empfundenen, brillant formuliertem Gestalten des Ausdrucks animierte.

Als Solistin konnte die junge russische Sängerin Anastasia Schtscheglowa gewonnen werden, die die mit Schwierigkeitsgraden nur so gespickten Kompositionen, das Konzert für Sopran und Orchester von Reinhold Gliére und die Glöckchenarie aus der Oper „Lakmé“ von Leo Delibes, mit schwindelerregendem Koloratursopran mehr als achtsam bewältigte. Aurélien Bello und die Junge Philharmonie begleiteten sie stets aufmerksam und gaben den teilweise exotisch klingenden Kompositionen eine farbige und weiche Atmosphäre. Klaus Büstrin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false