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Debüt auf dem Regiestuhl. Die Poetenpack-Ausstatterin Janet Kirsten führt zum ersten Mal selbst Regie. Im Q-Hof am Park Sanssouci bringt sie das Kinderstück „Pettersson und Findus“ auf die Bühne. Auch an der Adaption von Woody Allens „Mittsommernachts-Sex-Komödie“ wirkt sie mit.

© Björn Stelley

Poetenpack in Potsdam: Ohne Fantasie geht’s nicht

Poetenpack-Ausstatterin Janet Kirsten führte bei Kinderstück „Pettersson und Findus“ erstmals Regie

Potsdam - Sonntagnachmittag um Drei. Der Q-Hof füllt sich mit frohgelaunten vier- bis achtjährigen Kindern. Sogar 14-Jährige sind gekommen, Eltern und Großeltern sowieso. Theater ist angesagt, gespielt vom Poetenpack, das die Potsdamer seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten auch in den Sommermonaten mit Bühnenstücken erfreut. Längst ist das Poetenpack zu einem Klassiker des hiesigen Freilufttheaters geworden – nicht nur für das erwachsene Publikum. In den Nachmittagsstunden ist das Ensemble für Kinder da. „Pippi Langstrumpf“ oder „Pinocchio“ waren beispielsweise bereits zu Gast im Q-Hof.

In diesem Jahr erobern der alte Pettersson und der quirlige Kater Findus die lauschige Freilichtbühne am Rande des Parks Sanssouci. Beide erleben sonderbare Geschichten und aufregende Abenteuer, wobei sie sich trotz mancher Widrigkeiten stets darin einig sind, dass das Leben gemeinsam am schönsten ist. Die Bildergeschichten des schwedischen Schriftstellers und Zeichners Sven Nordquist gehören zur Lieblingslektüre von Kindern und wurden in 36 Sprachen übersetzt. Die Bühnenversion von Dagmar Leding fasst zwei der schönsten Buchgeschichten zusammen.

Großer Vertrauensvorschuss

Janet Kirsten schaut kurz vor Beginn der Vorstellung noch einmal hinter die Kulissen, ob alle Requisiten an Ort und Stelle liegen. „Eigentlich ist es nicht nötig“, sagt sie. „Auf die Kollegen von der Technik, Marco Groß und Christian Hoffmann, ist Verlass. Aber das Lampenfieber, das mich genauso wie die Darsteller erfasst, verführt mich manchmal zu derartigen Aktionen.“ Janet Kirsten hat das Spiel um Pettersson und Findus nicht nur ausgestattet – sie verantwortet die gesamte Inszenierung, erstmals in ihrer Theater-Laufbahn. „Ich habe mich sehr gefreut, dass Poetenpack-Chef Andreas Hueck mir anbot, dabei Regie zu führen“, sagt Kirsten. „Das war ein großer Vertrauensvorschuss.“ Er war offenbar gerechtfertigt: Hueck ist von dem Ergebnis sehr angetan, den Darstellern Clara Schoeller, Reiner Gabriel, Felix Isenbügel sowie Arne Assmann macht das Spiel sichtbar Spaß und das Publikum jubelt. Was will man mehr?

Die Fantasie, mit der Kirsten die Theaterstücke ausstattet, hat sie auch auf ihre erste Regiearbeit übertragen. Das bunte Geschehen auf dem Q-Hof, bei dem auch das schnippische Hühnervolk, der unheimliche Stier und der neugierig-griesgrämige Nachbar Gustavsson kräftig mitmischen, hat jedenfalls eine optisch bezaubernde und darstellerisch temporeiche Live-Entsprechung des bekannten Kinderbuches gefunden.

Seit zehn Jahren mit von der Partie

Kirsten ist in dieser Sommersaison gut ausgelastet. So hatte sie nicht nur die eigene Inszenierung mit Bühnenbild und Kostümen bedacht, sondern auch die „Mittsommernachts-Sex-Komödie“ von Woody Allen, die ebenfalls mit großem Erfolg im Q-Hof und anderswo vom Poetenpack gespielt wird.

Seit gut zehn Jahren ist die Künstlerin bei diesem Potsdamer Theater mit von der Partie. Sie studierte zunächst an der Fachhochschule der Landeshauptstadt Kulturarbeit. Danach hat sie sich um das Management des Poetenpacks mit gekümmert. Immer stärker trat bei Kirsten der Wunsch zutage, selbst gestalterisch an einer Inszenierung beteiligt zu sein. An einer kleineren Produktion war sie zunächst als Ausstatterin beteiligt, an „Mozart und Casanova“. Es folgten eine ganze Reihe von Stücken, so Shakespeares „Ende gut, alles gut“, „Wie es euch gefällt“, „Verlorene Liebesmüh“, Kleists „Der zerbrochene Krug“, Tschechows „Onkel Wanja“ oder „Mein Kampf“ von George Tabori.

Permanenter Austausch

Bis ein Bühnenbild endgültig als Kulisse auf der Spielfläche steht und die Darsteller mit Kostümen versorgt sind, ist es ein weiter Weg. Ganz zu Beginn gilt es, sich einen Eindruck vom geplanten Stück zu verschaffen. „Dazu gibt es intensive Gespräche mit dem Regisseur. Anschließend werden erste Entwürfe auf dem Papier gezeichnet, danach Bühnenmodelle gebaut. Der permanente Austausch untereinander bleibt aber stets wichtig“, betont Kirsten. Für die Arbeit als Bühnenbildnerin ist ein räumliches Vorstellungsvermögen und viel Fantasie notwendig. „Ich muss anhand von Skizzen, Bildern und Beschreibungen schon auf der leeren Bühne eine klare Vorstellung von der Kulisse haben.“ Stressresistenz, Kreativität, zeichnerisches und organisatorisches Talent, handwerkliches Geschick und Verständnis sowie das Wissen über Theatergeschichte sind dabei vonnöten. Da das Poetenpack ein Tourneetheater ist, müssen die Bühnenbilder so gebaut werden, dass sie auf verschiedenen Spielstätten, auf der Freilichtbühne oder in einem festen Theater Platz finden. Und der Etat ist bei einem freien Ensemble gerade nicht sehr üppig. „Ja, da muss ich bei der Ausstattung kreative Lösungen finden.“ Als nächste Produktion bereitet das Poetenpack für den Herbst „Nathan der Weise“ von Lessing in der Französischen Kirche vor. „Dieses Stück mit seiner aufklärerischen Intention passt sehr gut in den Raum der Kirche. Ich habe schon erste Überlegungen, wie ich als Bühnenbilderin mich dem Ort nähere. Ich werde ihn einfach sprechen lassen.“

Doch nicht nur beim Poetenpack kommen ihre fanstasievollen Ideen zum Tragen. Auch die Berliner Philharmoniker versichern sich ihrer Fähigkeiten als Ausstatterin, beispielsweise beim engagierten Education-Programm, bei dem Kinder und und Jugendliche in die farbige Welt der Klassik eingeführt werden.

Theater auf dem Q-Hof, Lennéstraße 37: „Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie“ von Woody Allen am 30. und 31. Juli, am 1. August, 20 Uhr, „Pettersson und Findus“ von Sven Nordquist am 31. Juli und 1.August um 15 Uhr sowie am 2. August um 11 Uhr. Tickets unter Tel.: (0331) 979 12 91.

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