zum Hauptinhalt

Kultur: Poet auf Jagd: Havschild im Theaterschiff

Der um die dunklen Häuser der Schiffbauergasse ziehende Fuchs wirkt wie bestellt: wie ein Prolog auf den „bunten Abend mit Jagd-, Märchen- und Weihnachtsliedern“, zu dem Jörg Hauschild am Freitagabend ins Theaterschiff lädt. An die 50 Besucher steigen die Stahltreppe hinunter in den warm ausgeleuchteten Schiffsbauch, viele davon aus der „Dresen-Filmfamilie“.

Der um die dunklen Häuser der Schiffbauergasse ziehende Fuchs wirkt wie bestellt: wie ein Prolog auf den „bunten Abend mit Jagd-, Märchen- und Weihnachtsliedern“, zu dem Jörg Hauschild am Freitagabend ins Theaterschiff lädt. An die 50 Besucher steigen die Stahltreppe hinunter in den warm ausgeleuchteten Schiffsbauch, viele davon aus der „Dresen-Filmfamilie“. Hauschild gehört als Schnittmeister von Anfang an dazu, geht aber auch eigene Wege. Wie diesen als „Havschild“ mit seiner Performance „Beichte“.

Ganz allein stemmt er diesen Abend, mit Gitarre und Gesang und der computeranimierten Licht- und Videoshow. Wer auf Metal à la Rammstein eingestellt war, ist vielleicht enttäuscht. Statt schweißtreibend zu hopsen, machen es sich die Gäste auf Sitzkissen bequem und lauschen andächtig den Texten. Keiner wird hochgerissen. Im balladesken Gewand erzählen Hauschilds Lieder von verflossenen Lieben, dunklen Träumen, zerstörerischen Gedanken, und dem Wunsch, in die Farben der Kindheit zurückzukehren. Kleine Geschichten, poetisch und morbide, die von der Hohezeit der Jugend bis zum Tod reichen. Dieser Sänger hat durchaus etwas zu sagen. Seine Show zeigt sich durchkomponiert im maßgeschneiderten theatralen Gewand. Musikalisch mäandert „Havschild“ zwischen Rammstein und Element of Crime, ist aber vor allem bei sich selbst. Kein Fels in der Brandung, eher ein jungenhaft wirkender Poet, der sich während seines Soloritts keinen Zentimeter vom Fleck bewegt.

Dabei könnte er sich durchaus mehr zutrauen, rotziger, frecher, druckvoller seine Stimme in den Saal werfen, zupackender die Bühne rocken. Er nimmt sich sehr zurück, mimt nicht den Kraftprotz und Bühnenschreck, wie sein Vorbild Rammstein. Hauschild ist eher der Feingeist, auch wenn er in die dunklen Gassen der Vampire hinabsteigt. Inzwischen hat er seine Lieder auf CD gebrannt – seine Beichte eben. „Jetzt müsste ich diese CD eigentlich hochhalten. Aber ich habe einfach gar keine mit.“ Der Abend gewinnt durch seine sympathische, oft selbstironische Zwischenmoderation.

Im Hintergrund zu seinem Gesang gibt es Orgelmusik in der Kathedrale, tost ein Flammenmeer, perlen Regentropfen an Fensterscheiben, drehen sich eine nackte Schöne und alte Filmrollen: Bilder zu seiner ganz persönlichen „Filmmusik“.

Manchmal wird Hauschilds Stimme hauchdünn, dann wieder rau und kräftiger. Zwischendurch bringt ihm Andreas Dresen ein kühles Blondes auf die Bühne. Hauschild singt weiter: „Das Leben ist so schwer, ich habe keine Wünsche mehr.“ Und schließlich von Ängsten vor einem Krieg mit neuem Führer für Volk und Vaterland. Dann schwingt er sich zum Jäger auf, begibt sich auf die Jagd nach Ihr, seinem scheuen Tier.

Der Fuchs ist inzwischen von dannen geschlichen, als wir zwei Stunden später aus der magischen Welt des „Sturmvogels“ auftauchen und in die dunkle unbeleuchtete Nacht des Kulturquartiers zurückkehren. Heidi Jäger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false