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Schaubühne: Ostermeiers "Katze auf dem heißen Blechdach"

Thomas Ostermeier verlegt Tennessee Williams Südstaaten-Farmhaus in eine kühle Loft in Berlin-Mitte, ein totkranker "Big Daddy" alias Josef Bierbichler schreit sich die Seele aus dem Leib.

Berlin - Wenn Tennessee Williams wieder Konjunktur hat an den deutschen Bühnen, dann darf auch Thomas Ostermeier nicht fehlen mit seiner Sicht auf Lebenslügen, wie er sie schon höchst erfolgreich mit Henrik Ibsen ("Hedda Gabler") vorgeführt hat. Am Dienstag war an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz die mit großer Spannung erwartete Premiere seiner Inszenierung des Williams-Klassikers "Die Katze auf dem heißen Blechdach". Die Verfilmung von 1958 mit Elizabeth Taylor, Paul Newmann und Burl Ives hat Filmgeschichte geschrieben, auch wenn sie der Political Correctness in den prüden USA Tribut zollte und den homophilen Background des Stückes des schwulen (und manisch-depressiven) Autors artig verschleierte.

Herzzerreißend einfühlsam

In der Schaubühne sind es Jule Böwe, Mark Waschke, Kirsten Dene und als "Big Daddy" Josef Bierbichler (der zunächst nackt auf die Bühne kommt), die sich dem freundlichen Applaus des Premierenpublikums stellten. Darunter auch Intendantenkollegen und die beiden "obersten Kulturhüter" im Bund und in der Hauptstadt, Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und der Regierende "Kultur- Bürgermeister" Klaus Wowereit (SPD). Die erste Überraschung ist natürlich das bayerische Schauspieler-"Naturereignis" Bierbichler als todkranker Südstaaten-Farmer mit dunkler Vergangenheit und schizophrener Hassliebe zum alkoholkranken Sohn Brick, der über den Tod seines Freundes nicht hinweggekommen ist.

Der 58-jährige Bierbichler, der schon mehrmals zum Schauspieler des Jahres gekürt wurde und auch im Kino und TV Erfolge feierte ("Das Gespenst", "Brechts letzter Sommer") ist der lautstark brüllende ("Halt's Maul!") Familienvater, der mit der bayerisch-polternden Art aber weniger Beklemmungen im Publikum auslöst als erforderlich wäre. Dafür geraten ihm die leisen Töne in der Schlüsselszene des Stücks mit der Aussprache zwischen Vater und Sohn stellenweise herzzerreißend einfühlsam und unter die Haut gehend, wenn die "verfluchte Heuchelei der letzten 40 Jahre" aus ihm herausbricht, in die er sich mit hineingezogen fühlt.

Vater-Sohn-Drama im Mittelpunkt

Die junge Jule Böwe bleibt dagegen eher blass als die um die Liebe ihres trunksüchtigen Mannes Brick ringende Frau, die aber weiß, dass sie ihn schon längst an den toten Freund Skipper verloren hat. Kirsten Dene verkörpert die lebendige Lebenslüge in ihrer Ehe mit Big Daddy, wenn auch manchmal zu dick und klischeehaft aufgetragen. Ostermeier konzentriert sich auf das Vater-Sohn-Drama und lässt die übrigen Familienmitglieder mit ihren Neurosen eher links liegen.

Das Bühnenbild von Jan Pappelbaum verlegt das Südstaaten-Farmhaus in ein kühl-modernes Loft in Berlin-Mitte, wie man es an der Schaubühne inzwischen gewohnt ist, das aber jeder vom Autor auch intendierten schwülen Atmosphäre etwas im Wege steht. Die raumhohe gläserne Voliere im Bühnenhintergrund mit geheimnisvollen (aber echten) Nacht- oder Raubvögeln auf riesigen Ästen ist der tiefgründigen Symbolik zu viel. Dennoch - bei manchen Einwänden eine bedenkenswerte und sehenswerte Aufführung. (tso/dpa)

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