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Musik in Potsdam: Konturenklar, kontrastscharf, ausdrucksstark

Klarinettist Andreas Ottensamer und die Kammerakademie Potsdam im „Musikalischen Salon“

Mit seinem Wiener Charme und seiner jugendlichen Ausstrahlung nimmt Andreas Ottensamer, seit sieben Jahren Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker, sofort für sich ein. Wenn dazu noch eine überragende Musikalität, gepaart mit schier unbändiger Spiellust und der ständigen Neugier auf neues Repertoire kommt, gerät die Begegnung mit ihm zum reinsten Vergnügen. Wie am Mittwochabend beim Saisonstart des „Musikalischen Salons“ im proppenvollen Festsaal des Palais Lichtenau, wo Andreas Ottensamer in gleichsam familiärer Atmosphäre mit Musikern der Kammerakademie Potsdam als Artist in Residence Preziosen der Klarinettenliteratur zu Gehör bringt.

Dabei huldigt die Werkauswahl jenem seit jeher fruchtbaren Verhältnis von Komponisten und ausübenden Künstlern, wobei sich letztere als beste Kenner der Materie manches Werk auf könnerische Art selbst maßschneiderten. So verdanken sich Mozarts Werke für Klarinette der Freundschaft mit dem berühmten Anton Stadler, der als erster Klarinettist in der kaiserlichen Hofkapelle in Wien angestellt ist.

Vom Klangcharakter des Instruments schreibt Daniel Schubart anno 1778 in seinen „Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst“, es sei „in Liebe zerflossenes Gefühl – so ganz der Ton des empfindsamen Herzens“. Der sei „so süß, so hinschmachtend“, dass derjenige, der ihn erzeugen könne, „sich seines Siegs über die Herzen gewiss sein“ dürfe.

Wie beispielsweise Andreas Ottensamer in jenem Mozartschen originellen Allegro für Klarinette, Bassetthorn und Streichtrio KV 580 b, dessen Fragment von des Meisters Schülern später vervollständigt worden ist. Mit anspringender Direktheit, ziemlich forsch parlieren Klarinette und die Bassetthorn genannte Bass-Klarinette (Markus Krusche) im besten Einvernehmen miteinander. Assistiert werden sie dabei von Violine (Meesun Hong Coleman), Viola (Jennifer Anschel) und Violoncello (Jan Peter Kuschel), wobei von den Streichern durchaus etwas mehr Gefühlswärme hätte produziert werden können.

Ein Wunsch, von dem gewiss auch die Wiedergabe des A-Dur-Klarinettenquintetts KV 581 profitiert hätte, bei der sich noch eine zweite Violine (Renate Look) hinzugesellt. Anspringende Spiellust, Leidenschaftlichkeit statt gefälliger Verspieltheit und eine auf klanglicher Brillanz orientierte Lesart bestimmt den Allegro-Satz. Strukturerhellend und ganz schlank gehalten breitet sich das Larghetto aus, während Menuetto und das variationenreiche Allegretto-Finale wenig elegant, dafür straff phrasiert und voller zupackender Fröhlichkeit erklingt.

Dass die Klarinette das Lieblingsinstrument der Romantik ist, beweist sich aufs Klangschönste im Adagio für Klarinette und Streichquartett des einst in Potsdam geborenen Heinrich Joseph Baermann. Gefühlswarm und weich, mit samtenem Ansatz und ausdrucksstarker Empfindsamkeit bläst Ottensamer den Solopart zu entsprechend apartem Streichersound. Den gibt es im einleitend gespielten C-Dur-Streichquartett op. 20 Nr. 2 von Joseph Haydn allerdings nur selten zu bewundern.

Vielleicht deshalb, weil das Stück der experimentellen Sturm-und-Drangphase des Komponisten entstammt?! Und so werden konträre Stimmungen überdeutlich ausgespielt, satztechnische Strenge und gesteigerte Dramatik zu Spielintentionen der Musiker. Konturenscharfe Strukturen und kontrastgeschärfte Emotionen führen oftmals zum Forcieren. Die Sehnsucht nach Gefühl bleibt in diesem Fall unerfüllt.Peter Buske

Peter Buske

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