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Haus Lemke. Nach einem Entwurf von Mies van der Rohe steht es in Alt-Hohenschönhausen.

© Jürgen Ritter/Imago

Mies van der Rohes Landhaus Lemke: Das Einfache ist schwer

Neu aufgelegtes Buch über eine Ikone der Moderne in Hohenschönhausen: das Landhaus Lemke. Mit Bildern des Fotografen Michael Wesely.

Als Karl und Martha Lemke sich Anfang 1932 an den Architekten Ludwig Mies van der Rohe wandten, um auf ihrem Grundstück am Obersee ein Haus zu bauen, waren die Zeiten schlecht. 1932 wurde der Tiefpunkt der Weltwirtschaftskrise erreicht.

Karl Lemke, Besitzer eines durchaus florierenden grafischen Betriebes, wollte, wie er dem Architekten mitteilte, „ein kleines, bescheidenes Haus“ errichten und sah dafür einen Kostenrahmen von lediglich 16.000 Reichsmark vor.

Elegante Einheit von Architektur, Natur und Kunst

Es entstand das Landhaus Lemke, der letzte in Deutschland ausgeführte Bau des berühmten letzten Direktors des Bauhauses vor dessen Emigration in die USA. Verglichen mit den Häusern, die Mies zuvor errichten konnte, den Häusern Esters und Lange in Krefeld oder gar der Villa Tugendhat in Brünn, ist das Haus Lemke wahrlich klein. Aber darum nicht von minderer Bedeutung.

Von den „Qualitäten des Mies’schen Baus“ schreibt Wita Noack, dass sie „einen ergreifen, wenn nicht sogar rühren. Denn Einfachheit und Schlichtheit sind beim Landhaus Lemke gepaart mit einer sachlichen Funktionalität im Wohnen.“ Wita Noack ist die Leiterin des Mies-van-der-Rohe-Hauses in Hohenschönhausen.

Sie hat das vor der Wende von der Stasi missbrauchte Haus seit 1992 zu jener Kulturstätte gemacht, die aus dem Berliner Kulturleben nicht mehr wegzudenken ist. Und sie hat über das Haus geschrieben. Jetzt liegt ihre Arbeit in neuer Fassung vor, ausgestattet mit zahlreichen Aufnahmen des Fotokünstlers Michael Wesely, die den Zauber dieses Hauses am See einfangen.

„Das Zentrum des Hauses liegt im Außenraum, im Licht“, schreibt Noack. Das Haus auf L-förmigem Grundriss umfängt einen Zipfel des großzügigen Grundstücks so, dass man von den drei Wohnräumen aus gar nicht anders kann, als beständig in den Garten hinauszuschauen, eine Schöpfung des berühmten Potsdamer Gartenkünstlers Karl Foerster und seiner Mitarbeiterin Herta Hammerbacher.

Haus Lemke wurde 1933 gerade noch fertig, ehe die Nazis das Flachdach verboten. Wita Noack weist auf die Feinheiten des Hauses hin, die sich beim Besuch der Veranstaltungen dieses Kulturhauses vielleicht nicht ganz erschließen; auch ist die Inneneinrichtung, die Mies zusammen mit Lily Reich entwarf, verloren gegangen.

Doch eine denkmalgerechte Grundinstandsetzung in den Jahren 2000/02 hat die Schönheit der aus farblich und auch im Format changierenden Ziegeln gemauerten Fassaden mit den Metallrahmenfenstern wiedererstehen lassen, dazu die Fußböden aus Eiche respektive Schiefer, und sogar die eigens entworfenen Türdrücker.

So ist dieses kleinste der Mies-Häuser wieder in seiner ursprünglichen „Einfachheit und Schlichtheit“ zu erleben – wie es Mies, der auf das Wesentliche eines Bauwerks zielte, als Kondensat seiner Baugedanken entworfen hat.

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