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Kultur: Melodiöser Sound of America Sinfonisches Saisonfinale der KAP im Nikolaisaal

Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Schmelztiegel der Kulturen.

Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Schmelztiegel der Kulturen. Magisches Einwanderungsland. Hort von Freiheit und Demokratie. Hang zum Gigantismus, Moneymaken und Vergnügungssucht. Gegensätze, die sich anziehen und abstoßen – all das ist Amerika. Und noch viel mehr. Eine Menge von alledem findet sich auch in der Musik wieder, die der Experimentierfreude genauso frönt wie der Bewahrung traditioneller Werte. Für ihr letztes Sinfoniekonzert dieser Saison hat sich die Kammerakademie Potsdam unter ihrem Chefdirigenten Antonello Manacorda am Samstag in jenem Amerika umgetan, das sich von Beginn an nach Heimat und kultureller Identität gesehnt hat. Da dürfen natürlich George Gershwin und Aaron Copland nicht fehlen.

Um den Sound of America auf recht einprägsame Weise zu erleben, ist Coplands Suite „Quiet City“ für Trompete, Englischhorn und Streicher vorzüglich geeignet. Der langsame Beginn imaginiert das Erwachen einer nächtlichen Stadt, wobei trillerreiche, weckrufgleiche Trompetensignale (Nathan Plante) auf vibrierenden Streicherteppich für entsprechende Stimmungen sorgen. Beantwortet werden sie von einer elegischen Englischhornmelodie (Birgit Zemlicka-Holthaus), die auf gefühlvollem Streichersound breit und anschwellend dahinströmt. Nachdem die gleißende Mittagshitze erreicht und überstanden ist, mündet alles in einen geruhsamen Abendabgesang.

Als sachkundiger und einfühlsamer Reiseleiter versteht es Antonello Manacorda ganz vorzüglich, auch Coplands melodiöses Klarinettenkonzert nicht weniger klangschön auszubreiten. Den Solopart bläst Sharon Kam mit butterweichem Ansatz, rundem Ton voller Wärme im Wechselspiel von beseeltem Ausdruck und leidenschaftlichen Aufwallungen. Romantiksound in Vollendung. In der virtuosen, klangbrillant servierten „Cadenca“ begeistert sie mit atemberaubender Technik, um danach in ein swingendes, synkopiertes Tanzvergnügen überzuleiten. Die unbändige Jazzfreude scheint auch auf den Pulten der Musiker zu liegen. Fortsetzung der guten Laune: Zwei Hits aus George Gershwins „Porgy and Bess“-Oper, wobei es scheint, als hätte Sharon Kam ihr Instrument in eine menschliche Stimme verwandelt. Die gefeierte Klarinettenlady dankt mit dem unverwüstlichen „Summertime“-Wiegenlied.

Auch US-Einwanderer Igor Strawinsky hat viel für die amerikanisch-musikalische Integration getan. An diesem Abend kommt er mit sachlichen, knapp gehaltenen, kurz angebundenen, aber sehr kurzweiligen Stücken zu Wort. Seine Suite Nr. 1 für kleines Orchester erweist sich als eine kontrastreiche Klangmischung. Und auch die „Eight instrumental Miniaturen“ zeichnen sich durch aphoristische Kürze aus, ebenfalls gewürzt mit zahlreichen Bläserzutaten. Auch sie werden mit kammermusikalischer Delikatesse musiziert. Zu den eher konventionelleren Werken des Avantgardisten Charles Ives gehört die 3. Sinfonie „The Camp Meeting“, in der sich Amerika an seine ländlichen Traditionen mit alten Volksmelodien und Kirchenhymnen erinnert.

Eine Heile-Welt-Reminiszenz, die vor melodiöser Erhabenheit und Sentimentalität nur so strotzt, was allerdings durch das transparente, von Klarheit geprägte Musizieren nie kitschig wirkt. Kompliment. Drei rhythmische Tanzepisoden aus Lenard Bernsteins „On The Town“-Musical runden die klangprickelnde Amerika- Hommage ab. Peter Buske

Peter Buske

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