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Kultur: Meditatives Innehalten

Harry Mohr und Manfred Feddersen im Pavillon auf der Freundschaftsinsel

Im Sommer steht die Natur in voller Kraft und die meisten Menschen erleben eine intensive, vor allem nach außen gerichtete Zeit. Vielleicht bleibt da wenig Gelegenheit, über das Hier und Jetzt oder die Vergangenheit zu reflektieren. Bilder der Nachdenklichkeit findet dieser Tage der Besucher im Pavillon auf der Freundschaftsinsel. Zwei Künstler präsentieren dort ihre sehr unterschiedlichen Arbeiten. Der Potsdamer Maler und Grafiker Harry Mohr zeigt farbenfrohe „Bilder des Seins“ und der Solinger Künstler Manfred Feddersen hat seine „Stelen der Erinnerung“ beigesteuert.

Hier sind das über zwei Meter hohe schmale Objekte, die aber nicht im Raum stehen, sondern eng beieinander von der Decke hängen. Die 19, zum Teil aus zwei dicken Holzbrettern zusammengefügten schwarz-rot-gelben Stelen, haben bemerkenswerte Oberflächen: Dispersionsfarben, Bitumen, Öl und Wachs auf Leinwand sind zu einer besonderen Textur verschmolzen. Farbige Zeichen und Symbole werden vom aufgetragenen Wachs dick umschlossen, schimmern jedoch vielfach hindurch und werden so gleichzeitig verdeckt und enthüllt. Wie bei sehr alten Grabsteinen lässt sich für den Betrachter nur bruchstückhaft erkennen, was dort ursprünglich einmal „verzeichnet“ war. Dieses Rätselhafte und Mehrdeutige lädt geradezu zum eigenen Fantasieren ein.

Das tun auch die abstrakten Bilder von Harry Mohr. Manche sind von überströmender satter Farbigkeit, andere von sehr sinnlicher verhaltener Farbenfreude. In der eigens vom Künstler weiterentwickelten Marmoriertechnik sind „Farbzellen“ zu sehen, die sich munter miteinander verketten und dabei den Anschein erwecken, als seien sie unter dem Mikroskop beim Wachsen beobachtet worden. Die fantastischen Gebilde, die dabei entstanden sind, tragen bedeutungsvolle Titel wie „Im Kern ruht die Kraft der Gelassenheit“ oder „Meister Groll schiebt alles auf die Vergangenheit“. Das erste ist erdig-braun, wird von grün-blauen und beigefarbenen Schichten umgeben, die in ein zartes Violett am Rande auslaufen. „Meister Groll“ ergießt sich hingegen blutrot. Diese ganz unterschiedlichen Farbenergien erreichen auch den Betrachter, der sich in Mohrs Blättern nahezu meditativ versenken kann. Jedoch wird er immer wieder „aufgestört“ durch die ironisch anmutenden Titel, die mit krakeligen Bleistiftstrichen vom Maler hinzugefügt wurden.

Beiden Künstlern – Feddersen ist Jahrgang 1950 und Mohr 1951 – gelingt es, mit ihren ausgestellten Arbeiten ein stilles Nachdenken über den immerwährenden Kreislauf allen Lebens anzuregen. Ihre fast konträren Objekte kreieren in dieser originellen Zusammenstellung eine Atmosphäre der Konzentration und der Versenkung. Gerade jetzt, in der Jahresmitte und auf der sommerlich blühenden Freundschaftsinsel, ist der richtige Ort und der passende Zeitpunkt dafür.

Ausstellung bis 10. August, geöffnet von Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr, im Pavillon auf der Freundschaftsinsel.

Astrid Priebs-Tröger

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