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Thomas Trum zeigt am Stand der Galerie Conrads die Arbeit „Two Purple Lines“ von 2023.

© Thomas Trum, "Two Purple Lines", 2023, VG Bild-Kunst, Berlin 2024

Mal flauschig, mal technoid: Auf der Paper Positions dreht sich alles um Papierkunst

Zum achten Mal zeigt die Berliner Messe in der Telekom Hauptstadtrepräsentanz, wie fantasievoll Künstler und Künstlerinnen mit dem Medium umgehen.

Ein Aufbäumen der Dinge, eine Annäherung an abstrakte Figurinen. Flauschige und kühle Elemente vereint, rätselhaft und kurios. Die Prints auf Barytpapier betitelt Tim Berresheim mit „Schnuppertour“. Doch wird hier weder unser Geruchs- noch Tastsinn bedient. Dabei reizt das, was an Wolle oder Haar erinnert, an Knetmasse oder Styropor durchaus zur Oberflächenerkundung der tapsig wirkenden Gebilde.

Aus der Nähe erscheinen Berresheims komplexe Augmented-Reality-Skulpturen noch unbegreiflicher. Generiert hat der 1975 geborene und in Braunschweig sowie an der Kunstakademie Düsseldorf bei Albert Oehlen ausgebildete Künstler seine dreidimensional anmutenden Mischwesen (3300-8700 Euro bei Elisabeth & Reinhard Hauff aus Stuttgart) mit eigens entwickelter Software und aus Myriaden kleiner Kügelchen. Zwischen den virtuellen Hightech-Körpern kragt ein kleines Stück Papier hervor. Wir befinden uns schließlich auf der Messe Paper Positions, die in ihrer achten Ausgabe einmal mehr die beeindruckende Vielfalt und Variationsbreite der Kunst auf und aus Papier präsentiert.

Die Sprache der Farben

Dass eine Messe nicht durch Masse besticht, untermauert das luftige Salonformat in der historischen Halle der Telekom Hauptstadtrepräsentanz. Mit 58 Galerien aus elf Ländern wie Spanien, Iran oder Südafrika bleibt die Paper Positions bei einer angenehm überschaubaren Zahl von Teilnehmern. Rund ein Viertel reist aus dem Ausland an, fast ebenso viele kommen aus Berlin und die übrigen 50 Prozent aus dem gesamten Bundesgebiet von Hamburg bis München. Über 150 Positionen der vorwiegend zeitgenössischen Kunst und zunehmend auch der klassischen Moderne und Zeit nach 1945 stellen unter Beweis, dass Papierarbeiten und Zeichnungen längst nicht mehr nur das stille und kontemplative Medium sind.

Am Gemeinschaftsstand von Thole Rothermund und Anne Schwarz trifft klassische Moderne auf unmittelbare Gegenwart. Der Hamburger Kunsthändler zeigt Lyonel Feininger mit Aquarellen, Druckgrafiken und Zeichnungen (7400-46000 Euro) und Henrik Eiben, Jahrgang 1975 und vertreten durch Schwarz Contemporary aus Berlin, hat aus der zackigen und humorvollen Ästhetik des Bauhaus-Meisters die form- und farbsprachliche Essenz kristallisiert. So, wenn er zu Feiningers „Brautschau (Ghosties)“ einen „Spring Run“ aquarelliert und collagiert oder der Radierung „Teltow“ 110 Jahre später ein zart-eisiges „Alaska“ gegenüberstellt (3400-6200 Euro). Der gelungene Dialog überzeugte auch die Jury des Leue & Nill Awards, die das Duo für die beste Standgestaltung auszeichnete.

Das teuerste Bild stammt von Picasso

Klassiker wie George Grosz oder Lothar Schreyer überwiegen auch bei Jörg Maaß Kunsthandel, der Edvard Munchs Lithografie „Das Weib“ (100 000 Euro) von 1899 als Highlight offeriert. An der Preisspitze der gesamten Messe steht Pablo Picassos 1905 aquarellierte Zeichnung „Jeune Fille“ aus einem Skizzenbuch der Rosa Periode, für die Kunkel Fine Art aus München 220.000 Euro erwartet.

Eine prominente US-amerikanische Position bietet die Galerie Hoffmann mit Leon Polk Smith an. Neben zwei seiner geometrisch-konstruktivistischen Serigrafien (je 1700 Euro) des 1996 verstorbenen Hard-Edge-Mitbegründers ist eine 1963 entstandene Collage für 46.000 Euro im Angebot.

Auszeichnungen und Ankäufe

Während Farniyaz Zaker bei der O Gallery aus Teheran traditionelle Pflanzen in einer collagierten Umgebung samt Wurzeln unter dem ironischen Titel „Dress Code for a Cul-de-Sac“ in der Luft hängen lässt, experimentiert Andreas Theurer am Stand der Galerie Tammen mit materieller Leichtigkeit und optisch gewichtiger Anmut in den Raum ragender Reliefs.

Dreidimensional komponiert auch Katharina Hinsberg, die 2023 den Paper Positions Award gewann. Die von der Agentur Kaiserwetter gesponserte Auszeichnung würdigt herausragende Künstlerinnen und zeigt nun in der Sonderschau im Foyer Hinsbergs flirrende Liniengespinste, die die Professorin für konzeptuelle Malerei aus mit rotem Farbstift schraffierten, filigran geschnittenen Streifen gestisch in den Raum fließen lässt. Ihre faszinierenden Arbeiten gibt es auch bei der Kölner Galerie Werner Klein, wo außerdem Rozbeh Asmani mit auf ihre markenpatentierten Farben eingedampften Financial-Times-Blätter zu entdecken ist.

Gleich fünf Gewinner und Gewinnerinnen erhielten am Eröffnungsabend den Paper Art Award, mit dem, unterstützt von Canon d’mage und Hahnemühle, unter anderem Werke von Asareh Akasheh (Gold, Sammlung Oliver von Schulthess), Leonie Mertes (Silber, Galerie Heike Strelow) und Rikuo Ueda (Silber, Mikiko Sato Gallery) für die Sammlung des privaten Berliner Museums „Haus des Papiers“ angekauft werden.

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