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Am Anfang war ein Liederbuch. Die Sängerin Alina Manoukian.

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Kultur: Lieder aus der Heimat

Alina Manoukian im „nachtboulevard“

Verzückt blickt Sebastian Albert zu Alina Manoukian auf. Mit seiner Akustikgitarre bereitet er ihr gerade einen musikalischen Hintergrund, der durch die schnellen Anschläge und den orientalischen Einschlag eine ideale Untermalung für den minimalistischen Tanz ist, den Alina Manoukian ihrem kleinen Publikum darbietet. Sanft in die Knie gehend, schlängelt sie sich im Rhythmus der Gitarre, schnippt mit den Fingern, wirft ihre dichten, dunklen Haare.

Die Gäste im „nachtboulevard“ in der Reithalle sind angetan von der Anmut und Intensität, mit der die junge Frau ihnen den Freitagabend erfüllt. Im Programm hat Alina Manoukian, Tochter armenischer Eltern, die in Teheran geboren ist und mit vier Jahren nach Hamburg kam, traditionelle armenische Volkslieder, die einem Liederbuch ihrer Kindheit entstammen und deren Melodien sie mit Hilfe von Verwandten und Bekannten rekonstruiert hat. Grund war ein von ihr inszeniertes Theaterstück zum Thema „Fremde Heimat“, welches sie auch dazu brachte, sich auf die Suche nach ihren eigenen Wurzeln zu machen. Die Lieder, die sie für das Stück zusammengetragen hatte, hat sie auch für ihr Album „Na Mi Naz Ouni“ eingespielt. Der Titel ist gleichzeitig das Lieblingslied ihres Vaters.

Mit „Na Mi Naz Ouni“ beginnt Alina Manoukian ihr Potsdamer Konzert. Im kleinen Saal, der zu Beginn vollständig im Dunklen lag, knarrte und fiepte es vom Band, als würde jemand den richtigen Sender am Radio suchen, und plötzlich ertönt eine ruhige Männerstimme, die eine schöne traditionelle Melodie singt. Die Stimme gehört Alina Manoukians Vater und später, am Ende des Abends, wird sie die Melodie noch einmal aufnehmen und neu interpretieren. Die Gitarre wird plötzlich fast zur Rockgitarre und dem Lied wird viel Traditionelles genommen und durch Frischeres, Wilderes ersetzt.

Zwischen Anfang und Ende aber lässt die Sängerin ihr Herkunftsland erstehen, das von Bergen und Flüssen durchzogen ist, in deren Setting es vor allem um das große Thema der oft unerfüllten Liebe geht. Es wird verzweifelt gewartet, erfolglos versucht, zu vergessen oder wehmütig erinnert. Die Gitarre begleitet Wut und Trauer, Freude und auch Stolz, die in Alina Manoukians Stimme und ihrer Performance schwingen. Selbstbewusst wirft sie ihr Haar, gestikuliert mit Händen und Armen, legt vieles aus den armenischen Texten auch in ihr Minenspiel und hilft so ihrem Publikum, die fremdartig klingende Sprache trotzdem zu verstehen. Einen kleinen Teil des Programms bestreiten sie sogar zu dritt. Aus dem Publikum stößt Andreas Klumpf, Schauspieler und Musiker, dazu, der mit Percussion und Sasula, einem kleinen Saiteninstrument, diesem emotionalen Abend zu noch mehr Fülle verhilft. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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