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Kultur: Licht hinter dunklen Hauseingängen Die Galerie M des BVBK präsentiert „Neuzugänge“

Auf stacheligen Beinen stehen die spektakulären Objekte von Ilka Berndt, die stark an aufgeschnittene Kastanien erinnern. Meint man zu Beginn, es könnte sich hier um eine besondere Art des Sitzmöbels handeln, wird man bald bemerken, dass trotz Dornenbeinchen die Dinger sicher sehr unsicher auf dem Boden stehen.

Auf stacheligen Beinen stehen die spektakulären Objekte von Ilka Berndt, die stark an aufgeschnittene Kastanien erinnern. Meint man zu Beginn, es könnte sich hier um eine besondere Art des Sitzmöbels handeln, wird man bald bemerken, dass trotz Dornenbeinchen die Dinger sicher sehr unsicher auf dem Boden stehen. Egal wie, auf jeden Fall hat man was zu rätseln und zu schauen bei der aktuellen Ausstellung „Neuzugänge I“ des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler. Die Attraktivität des Verbandes muss sich erhöht haben, denn seit 2000 sei die Mitgliederzahl um 30 Prozent auf 250 gestiegen, so Vorstand Christian Uhlig in seiner Laudatio bei der Eröffnung.

Angekommen ist die Galerie inzwischen auch im Luisenforum, eine Lichtinstallation von Walter Gramming und Ushi F. grüßt den Besucher schon auf dem Hof in Türkis und Gelb und zeigt, dass sich selbst hinter dunklen Hauseingängen ein Licht auftun kann. Um die Qualität der Arbeiten von Neuzugängen zu gewährleisten, gibt es neuerdings ein siebenköpfiges Gremium, das nach Sichtung der Originalarbeiten sein Urteil fällt, nicht, wie es einmal war, anhand von Kopien. Für Mitglieder anderer Landesverbände und für Kunsthochschulabsolventen gibt es keine Prüfung. Nicht zuletzt wegen der Ausstellungsmöglichkeit beim Verband wollen viele hier Mitglied werden, aber natürlich auch, weil sie so leichter in die Künstlersozialkasse kommen. Auch ein wichtiges Argument, vor allem für junge Künstler, die sich noch nicht etablieren konnten. Es ist wahrscheinlich, dass dies der erst 31jährige Ilka Bernd schnell gelingen wird, auch die zweite ausgestellte Arbeit der gelernten Elfenbeinschnitzerin hat es in sich: „Frühling“ heißt das auf einem sehr sauber gemachten Knochen ruhenden Gebilde mit Pflanzen aus Bein und Horn, die auch Zähne sein könnten und wie auf einem Schiff in dem Knochennachen ruhen, ein bisschen vom Wind hin und her gebeutelt. Christine Bloess dagegen ist schon über 50 und wechselte vom Berliner Verband. Mit ihrer großformatigen „A3 Moormerland“ genannten, in Ölmalerei transferierte Aufnahme eines Autobahnausschnitts, der vollkommener Geometrie zu gehorchen scheint, macht sie den Betrachter auf manche Automatisierung der Wirklichkeitswahrnehmung aufmerksam. Unbemerkt werden für uns diese Autobahnlandschaften zu einem dominanten Erfahrungsraum, dem Bloess durch die Verfremdung Ausdruck verleiht. Wie ein durchscheinender Frauenkörper liegt auf einem Sockel das Gebilde von Frauke Danzer, das die 36jährige „Laomedon“ nennt. Über Draht spannte sie diese fleischfarbenen Nylonstrümpfe, mit der man heutzutage keine Frau mehr sexy aussehen lassen kann, nach denen sich aber die Frauen in den 50er und 60er Jahren sehnten. Die lasziv-brave Präsentation kann so manche Assoziationen in Richtung Hausfrauensexualität lenken. Die Gedanken sind schließlich frei. Gudrun Venters „Blauer Brief“ wirft einen dagegen mit den auf hellblauem Fonds glatttiefblau bestrichene Pappkartonbuchstaben ihre „E“s und „W“s entgegen, dass sich fast jeder an die kleinen Schulzeitsünden erinnert fühlen mag. Manfred Kriegelstein ist im Erstberuf Zahnarzt und hat vielleicht wegen der ihm ständig vor Augen geführten Vergänglichkeit der Natur seine sehr ästhetischen, auf Fine-Art-Papier gedruckten Fotografien „Ars Morbiduum“ genannt. So morbid erscheint aber diese Kunst nicht, denn sie wirkt trotz Zweidimensionalität erhaben und mehrschichtig und so reichhaltig an Strukturen, dass man seinen Blick darin verlieren kann.

Ein eher mathematischer Geist beherrscht die „Ikonografische Spurensuche“ von Gisela Gränig, die unterschiedliche Zeichensprachen mehrschichtig miteinander kombiniert: so legen sich Architekturzeichnungsfragmente auf kirchliche Schriften, die von Tapetenmustern flankiert werden, Eva Paul bietet dem forschenden Blick die unterschiedlichsten Arten von Blau, in dem sich manchmal sogar menschliche Gestalten verbergen können. Peter Vogel lässt seine Landschaften eher knallig rot, blau und gelb daherkommen, und auch Heike Hannemann wirft rote Glut so auf ihr Querformat, dass das nur aus großer Entfernung auszuhalten ist. Insgesamt eine lohnende Ausstellung, die zeigt, was der Verband verspricht: künstlerische Qualität.

Zu sehen bis 11. März, Mi bis Fr 11 bis 17 Uhr, Sa und So 11 bis 18 Uhr

Lore Bardens

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