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Kultur: Kunstprojekt in Friedrichshain präsentiert Bilder wie Benzin

Wenige Schritte vom S- und U-Bahnhof Warschauer Straße hat im Berliner Bezirk Friedrichshain die "SchauTankStelle" (STS) eröffnet: ein Treffpunkt, Verkaufs- und Ausstellungsort für Fotografie. Wo einst auf dem ehemaligen Gelände der Reichsbahn Züge repariert und der Eisenbahner-Nachwuchs ausgebildet wurde, fanden alternative Kultur- und Kunstprojekte ein Domizil, darunter die STS.

Wenige Schritte vom S- und U-Bahnhof Warschauer Straße hat im Berliner Bezirk Friedrichshain die "SchauTankStelle" (STS) eröffnet: ein Treffpunkt, Verkaufs- und Ausstellungsort für Fotografie. Wo einst auf dem ehemaligen Gelände der Reichsbahn Züge repariert und der Eisenbahner-Nachwuchs ausgebildet wurde, fanden alternative Kultur- und Kunstprojekte ein Domizil, darunter die STS. Unter dem Vereinsnamen "RAW Tempel e.V." verbirgt sich ein loser Zusammenschluss von rund zwanzig Einzelinitiativen, von der Musiketage, einem Kunstprojekt für Video und Installationen über eine Keramikwerkstatt bis hin zur "SchauTankStelle".

Letztere hat noch immer den Baustellen-Charme und das Flair der Improvisation zwischen offenem WG-Wohnzimmer und Partytime. Am Eingang gilt es, sich durch einen Vorhang aus Plastikfolie zu schlängeln. Und auch mit der Heizung ist es noch so eine Sache; vorerst muss ein Ofen genügen. Dafür gibt es inzwischen wieder Strom, somit Licht und auch Öffnungszeiten nach Einbruch der Dunkelheit. Trotzdem hat die STS den Anspruch, eine zumindest semi-kommerzielle Galerie zu sein. Als "Zündkerzen" bezeichnen sich die drei Fotografen aus Argentinien, Italien und den Niederlanden, die für die Initialzündung des Projekts "FotoTankStelle" sorgen: Lena Szankay, Saba Laudanna und Michiel de Ruiter. Ihr Ziel ist es, "einen Markt zu entwickeln, der sich nicht an bekannten Namen oder verstorbenen Meistern orientiert". Zwei ihrer vier Räume nutzt das Fotografentrio als "SchauTankStellen"-Shop für den Verkauf, die beiden anderen sind für Ausstellungen reserviert.

In der Eröffnungsausstellung "voyage en arrière", "Reise zurück", sind in Paris entstandene Arbeiten von Anke Sademann zu sehen. Die Fotografin aus Freiburg im Breisgau hat sieben Jahre in der französischen Hauptstadt gelebt, Fotografie und Grafik studiert und einige Jahre in Werbung, Mode und Design gearbeitet. Vor vier Jahren ist sie nach Berlin gekommen und arbeitet jetzt neben ihrem Studium als Bildredakteurin bei einer Berliner Tageszeitung. Ihre Schwarzweißaufnahmen entstanden auf Pariser Bahnhöfen und am Flughafen Charles de Gaulle. Sie zeigen poetische, traumverlorene Impressionen, die vom Schwebezustand des Unterwegsseins erzählen; Bilder, die sich wie Gedankenfragmente zu einem inneren Film zusammensetzen sollen: das Warten auf die Ankündigung des Gleises, Abschiedsblicke hinter dem beschlagenen Fenster eines Zuges, Spiegelungen, vorbeirasende Lichter, Landschaften hinter Glas. Ab 4. Februar zeigt dann STS-Mitbegründer Saba Laudanna seine Bilder, und für den 12. Mai ist mit Maja Marinelli aus Bari das Gastspiel einer Fotografin aus Italien geplant.

Die Angebote der Fotografien, die parallel und zu "bezahlbaren Preisen" zum Verkauf angeboten werden, wechseln im sechswöchigen Rhythmus. Derzeit sind Aufnahmen von Andreas Bromba, Susanne Schwarz, Götz Sommer, Sylvie Françoise, Andree Kaiser, Andrea Christl, Björn Albert, Martin Franken, Stefanie Theurer und Lena Szankay zu sehen.

Einen Kanister Diesel, einmal volltanken, oder auch nur einen Schokoriegel: Wie man es von einem "SchauTankStellen"-Shop für Fotografien erwartet, findet sich ein breit gefächertes Sortiment vom Selbstporträt über Landschaftsaufnahmen und dokumentarische Reise- und Sozialreportagen bis zur Kunst mit Fotografie. Das Preisspektrum reicht von Foto-Multiples ab 19,90 Mark, Barythabzügen ab 40 Mark bis zu Unikat-Fotoinstallationen mit Sand oder im selbstgeschweißten Eisenrahmen (Preis nach Vereinbarung). Noch ist auch der Shop streckenweise Experimentierfeld, das Marktmögliche auszukundschaften. Die Nachfrage soll in diesem Bereich künftig das Angebot korrigieren.

Der Hamburger Götz Sommer kommt aus der Werbebranche. Man sieht es seinen ästhetischen Farbaufnahmen von Chirurgenbesteck, Tassen oder Spülbürsten im azurblauen, dekorativ von Schaumbläschen bedeckten Spülwasser (108 Mark) an. Gezeigt werden aber auch Arbeiten wie die von Andree Kaiser, die bereits für Magazine wie "Stern" oder "Focus" unter anderem in Bosnien gearbeitet hat. Kaiser ist Mitglied der Berliner Fotoagentur "GAFF", der auch "SchauTankStellen"-Mitbegründer Michiel de Ruiter und Boris Geilert angehören. In Glinice entstand ihr Bild duschender Bergarbeiter, in Medigorgie das eines Pilgerzuges. Ein Schnappschuss aus China zeigt das surreale Szenario eines Besuchers des Shenzhen-Freizeitparks: Vom Sturmwind verweht, eilt er vor künstlichen Pyramiden an einer Souvenirkarawane aus Porzellankamelen vorbei (je 320 Mark).Fotogalerie SchauTankStelle, Revaler Str. 99, Eingang Großes Tor; Donnerstag und Freitag 16-19 Uhr, Sonnabend 12-17 Uhr. Die Ausstellung von Anke Sademann dauert noch bis zum 28. Januar.

Elfi Kreis

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