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Der israelische Pavillion auf der Kunstbiennale in Venedig Credit: Nicola Kuhn

© Nicola Kuhn

Kunstbiennale in Venedig: Israelischer Pavillon bleibt vorerst geschlossen

Die Künstlerin Ruth Patir will ihre Ausstellung erst zeigen, wenn die Waffen in Nahost ruhen und die Geiseln frei sind. Die israelische Regierung informierte sie darüber nicht.

Möglicherweise dramatischen Protesten in den Giardini sind die Macher des israelischen Pavillons nun zuvorgekommen: Am Tag der Pressevorbesichtigung der 60. Biennale in Venedig gab die israelische Künstlerin Ruth Patir bekannt, dass ihre Ausstellung so lange geschlossen bleibe, bis eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung der israelischen Geiseln erreicht sei.

Damit führte sie herbei, wozu Protestierende bislang vergeblich aufgerufen hatten. Seit Februar hatte die „Art Not Genocide Alliance“ in einem offenen Brief den Ausschluss des israelischen Pavillons von der Biennale-Leitung gefordert, die dies jedoch verweigert hatte. Zu den Unterschreibenden gehören die Fotografin und Aktivistin Nan Goldin sowie 14 Künstler, die in diesem Jahr ihre Länder auf der Biennale vertreten, darunter solche aus Chile, Finnland und Nigeria.

Die israelische Regierung war nicht informiert

Besucher der Biennale erwartet am israelischen Pavillon nun nur noch ein Schild mit der englischen Aufschrift: „The artist and curators of the Israeli pavilion will open the exhibition when cease-fire and hostage release agreement is reached“. Außerdem ist durch die Glasfront ein Blick auf einen Zweieinhalb-Minuten-Film zu erhaschen, der einen Eindruck der Themenwelt von Ruth Patir gibt. Darin erwachen computeranimierte antike Fruchtbarkeitsfiguren zum Leben.

Das Thema Fruchtbarkeit und der entsprechende Druck auf Frauen beschäftigt Ruth Patir, seit ihr eine mögliche Kinderlosigkeit diagnostiziert wurde. Die außerhalb ihres Landes kaum bekannte Künstlerin war einen Monat vor den Attentaten der Hamas von einer durch das Kulturministerium bestellten Kunstkommission berufen worden. Ihre Ausstellung sollte den Titel „(M)otherland“ tragen, ursprünglich war auch die Bezeichnung „ein Fruchtbarkeitspavillon“ im Gespräch.

Die Künstlerin selbst, die eine kritische Haltung gegenüber der Regierung ihres Landes einnimmt, hatte sich bisher nicht zu den Protesten gegen den israelischen Pavillon geäußert und sich auf die Vorbereitung ihrer Ausstellung konzentriert. Ihr jetziger Schritt kommt umso überraschender, aber die Situation in Gaza sei „so viel größer als ich“, wie sie gegenüber der New York Times sagte, dass ihr nur noch eine Schließung des Pavillons als konsequent erschienen sei.

Diese gemeinsam mit der Kuratorin Mira Lapidot getroffene Entscheidung dürfte Kritik aus Israel evozieren, denn die Regierung, die den Pavillon zu Hälfte finanziert, wurde darüber nicht zuvor informiert. Die Künstlerin hat mit ihrer Aktion also eine Skandalisierung des israelischen Pavillons in Venedig vorerst abgewendet und zugleich womöglich einen anderen Skandal in ihrem Heimatland heraufbeschworen. Mit Protesten gegen die israelischen Angriffe in Gaza ist dennoch auf der Biennale zu rechnen.

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