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Kultur: Herb und heiter

Kunstform Lied: Matinee mit Mareike Braun

Harte Kost an einem sowieso verregneten Sonntagmorgen: Die Schubert-Lieder, die Mareike Braun in der Matinee der Gotthard-Schierse-Stiftung im Musikinstrumenten-Museum singt, sind durchzogen von Tod, Sturm und Donner, sie heißen „Im Freien“ oder „Nachtstück“, und so nebelverhangen und schwarzromantisch wie diese Lieder ist auch Brauns Mezzo, der fast ein Alt ist: Abgedunkelt, schattiert, herbstlich. Keine süßliche Wohlfühlstimme, dafür ein raues, herbes Timbre, das sich erstaunlicherweise den heiteren Wunderhorn-Liedern von Mahler besser anschmiegt. Hier wirkt Braun ganz bei sich, mit einem Lächeln, dass Herzen aufschließt. Ihre Stimme scheint einer unwiderstehlichen Anziehungskraft in den tiefen Bereich zu folgen, am intensivsten im „Ade, mein herzallerliebster Schatz!“ aus dem Lied „Nicht wiedersehen“.

Die 26-Jährige wird ebenbürtig begleitet von dem gleichaltrigen Pianisten Boris Kusnezow, dessen entschlossener, kristalliner Anschlag auch in zarten Passagen eine reizvolle Härte behält – so im impressionistischen Flirren von Debussys Liedern nach der Pause. Das Programm schlägt einen weiten Bogen über die Kunstform Lied, von den „Mitteleuropäern“ Schubert und Mahler geht es zu den „Ausländern“ Debussy und – besonders selten als Liedkomponist zu hören – Rachmaninow. Mareike Braun beherrscht alle Stücke auswendig und singt in drei Sprachen. So wohl sie sich in der Tiefe fühlt, so viel Probleme hat sie anfangs mit der Höhe, die etwas plötzlich und gestemmt kommt. Doch nach der Pause gewinnt sie auch hier an Substanz und Wärme, bis hin zu echter Glut. Udo Badelt

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