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Die Schnittmeisterinnen. Damals hießen sie noch Kleberinnen. Flora Franke ist die Zweite von links.

© Filmmuseum Potsdam

Kultur: Gut geklebt

Die neue Dauerausstellung im Filmmuseum

Am 3. November wird im Filmmuseum die neue Dauerausstellung „Traumfabrik. 100 Jahre Film in Babelsberg“ eröffnet. Sie stellt in sieben Themenbereichen die Gewerke vor, die am Entstehen eines Films beteiligt sind. Die PNN stimmen in den kommenden Wochen mit sieben kleinen Geschichten auf die Ausstellung ein. Heute heißt es „Schnitt“.

Die Idee kam von Tochter Irmtraud. Als die von einer neuen Dauerausstellung im Filmmuseum erfuhr, griff sie zum Telefon und regte an, dass auch ihre Mutter unbedingt darin vorkommen müsse. Kurator Andy Räder nahm den Hinweis ernst, schließlich war Flora Franke die erste Schnittmeisterin der Filmstudios. Ihr Name tauchte indes nie im Abspann auf. Damals galt das Schneiden eines Films, für das es heute einen Oscar gibt, noch nicht als Kunst. Der Regisseur übergab der Schnittmeisterin einfach Drehbuch und das gesamte Filmmaterial und die legte los. Und entschied dadurch wesentlich mit, in welcher Qualität der Film über die Leinwand lief. Heute lässt kein Regisseur seinen Schnittmeister mehr aus den Augen.

Die 1893 geborene Flora Franke war bereits ab etwa 1909 in Berlin bei der Bioscop als erste Kleberin – so nannte man damals die Schnittmeisterin – angestellt. 1912 kam sie nach Babelsberg und erlebte die Fusion von Decla und Ufa mit. Als sie mit ihrer Heirat 1921 aus dem Betrieb ausschied, waren alle wichtigen Filme der Zeit durch ihre Hände gegangen: alle Asta-Nielsen-Filme, wie „Der Totentanz“, oder die Paul-Wegener-Filme „Der Student von Prag“ und „Der Golem“. War Flora Franke anfangs die einzige Kleberin, wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg Leiterin einer Abteilung und führte Aufsicht über rund zehn Kleberinnen. Mit sehr spitzer Stahlfeder ritzten die Frauen Zahlen in die Filmschicht, bevor Klappe und Startband die Ordnung in den Filmteilen regelten. Doch Flora Franke war nicht nur die perfekte Kleberin. Sie durfte wegen ihrer schönen Handschrift auch alle Briefe, die in Bioscop-Filmen auftauchten – entweder direkt im Bild oder als Zwischentitel – schreiben. Flora Frankes spitze Feder mit Holzgriff, die lange im Familienbesitz war, ging leider verloren, wie Tochter Irmtraud Kewitz bekennen musste.

Sie erinnerte sich auch, dass ihr Vater, der ein Parkettgeschäft führte und in Babelsberg wohnte, oft darüber erzählte, wie er immer mal wieder als Statist bei der Bioscop mitwirkte. Vielleicht ist er dabei auch seiner Flora in die Arme gelaufen. Schließlich arbeitete sie direkt am Glashaus, also unmittelbar am Drehort. Heidi Jäger

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