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Kultur: Ganz nah dran am brachialen Traum Mit Far From A Dream kam der Metal ins Kuze

Ziemlich breitschultrig kam die Vorankündigung des studentischen Kulturzentrums Kuze daher: „Montagskultur goes Metal“ hieß es, und den regelmäßigen Montagskulturgänger ließ das gewiss aufzucken: Metal im Kuze? Das gab es doch bisher gar nicht.

Ziemlich breitschultrig kam die Vorankündigung des studentischen Kulturzentrums Kuze daher: „Montagskultur goes Metal“ hieß es, und den regelmäßigen Montagskulturgänger ließ das gewiss aufzucken: Metal im Kuze? Das gab es doch bisher gar nicht. Und da muss man auch nicht gleich sofort die Keule auspacken, die kommt später.

Den Anfang im recht zaghaft gefüllten Theatersaal machte das Quartett Rotten Values, das allerdings eher Hardrock als Metal spielte – im Prinzip eine Rückkehr zum ehrlichen Rock der späten Siebziger. Vier Jungs aus Ludwigsfelde, die in Vatis Plattenschrank geschnüffelt haben. Dabei kam etwas Grundsolides heraus, das von einem Sänger und Gitarristen mit freiem Oberkörper und langer Matte – Iggy Pop lässt grüßen – ziemlich straight und charismatisch runtergespielt wurde. Der Gesang versprühte bisweilen etwas von Glamrock, aber auch Guns N’Roses hatten sich da drin versteckt.

Dass der Sänger sich dabei in den Vordergrund spielte, nahm die Band gelassen. Trotzdem war es schade, dass die Band dem Frontmann das Posing überließ, was ja aber nichts Neues ist. Ein wenig mehr Mut zur Selbstdarstellung hätte man sich vom Rest der Band gewünscht, Rock’n’Roll ist schließlich immer auch großes Theater. Musikalisch, da gibt es nichts zu rütteln, waren Rotten Values trotzdem klasse.

Aber Moment mal: Es war doch Metal versprochen. Der kam dann auch, und zwar gewaltig. Far From A Dream hatten ziemlich verfrickelten Metal im Gepäck, der aber nichts an seiner Rohheit eingebüßt hat. Der Chefschreihals sah aus wie ein fieser, glatzköpfiger Wikinger, eine schwergewichtige Figur, der man im Dunkeln nicht begegnen möchte. Einer wie er gehört definitiv in eine Metalband. Heraus kam eine gewaltige Deathcore-Mischung, die sich zwischendurch auch traute, ganz leise zu sein. Musikalisch waren da jedenfalls keine Amateure am Werk: Das waren ausgereifte Kompositionen, die auch sieben Minuten Songlänge locker sprengen konnten. Warum tut man sich das als Band eigentlich an, derart ellenlange Songs im muffigen Kellerschweiß des Proberaums einzustudieren? Aber Far from A Dream schafften es, atmosphärisch zu bleiben und an wirklich keiner Stelle zu langweilen, schwere Riffs, die genau an der richtigen Stelle durch jazziges, verspieltes Songwriting unterbrochen wurden.

Für den nötigen Kick sorgte der zweistimmige Gesang, der von tiefen Growls bis zu cleanem Gesang reichte, das Ganze wuchs schließlich zu einer ziemlich melodischen Brachialität. Das Sahnehäubchen war aber die Showqualität der Fürstenwalder: eine Headbanging-Choreografie, ein Tier als Sänger, ein Metalhead in Brad-Pitt-Optik, der die Saiten bearbeitete, als wäre er mit der Gitarre verwachsen und ein Schlagzeuger, der augenscheinlich nur die Zerstörung der Bassdrum im Sinn hatte.

Die Songs hatten trotz ihrer Länge eine präzise Struktur. Zwischendurch dann wieder der Griff in die Avantgarde-Kiste, bevor die Geschwindigkeit wieder anzog, guter Metal eben. Dass die Metalheads mit Hardcore experimentieren, war definitiv nicht die schlechteste Idee. Hoffentlich kann man Far From A Dream bald mal wieder in Potsdam begrüßen. Der Metal-Keller im Nil-Klub würde sich doch dafür anbietenOliver Dietrich

Oliver Dietrich

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