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Kultur: Frauen nach der Wende und in der Fremde

Dokumentarfilme von Bianca Bodau und Katharina Riedel bei einer Matinee zum Frauentag

Ob Frauen Motor oder nur Accessoire der gesellschaftlichen Entwicklung sind, fragt in diesem Jahr die Brandenburgische Frauenwoche. Am Internationalen Frauentag war Gelegenheit, in zahlreichen Filmen, Lesungen und Gesprächen im Thalia-Kino nicht nur auf diese Frage Antworten zu finden. Die Potsdamer und die Berliner Regisseurinnen Katharina Riedel und Bianca Bodau präsentierten dort ihre aktuellen Dokumentarfilme „Migrantinnen“ und „Frohe Zukunft“. Beide zeigen Frauen in existenziellen Umbruchssituationen.

Während Katharina Riedel ein Dutzend Frauen aus Russland, der Ukraine, aus Bulgarien, Vietnam, der Türkei und aus Kamerun vor die Kamera holte, zeigt Bianca Bodau drei ostdeutsche Familien, die fast zwanzig Jahre nach dem Untergang der DDR von ihren Nachwendeerfahrungen berichten. Und schnell wird in beiden Filmen deutlich, dass sich gerade die Frauen – egal ob es sich dabei um Migrantinnen oder Ostdeutsche handelt – den existentiell schwierigen Situationen mit viel Mut, Tatkraft und ungeheurer Flexibilität stellen.

Nicht nur einmal begreifen die Frauen Krisen als Chancen und packen, wie die resolute Frau Kramer, als nunmehrige Chefin in der Stadtwirtschaft GmbH Halle, die Gelegenheit beim Schopf, sich beruflich und persönlich zu entwickeln. Deutlich sagt sie, dass sie „in der DDR ihr Potenzial nicht ausgeschöpft und unten geblieben wäre“. Die studierte Mathematikerin Dietze aus Halberstadt weiß genau, wovon ihre Geschlechtsgenossin spricht und ergreift ebenfalls mit über 40 die Gelegenheit, beruflich einen erfolgreicheren Neuanfang als ihr Mann zu wagen.

Mit großer Offenheit erzählen darüber hinaus die Frauen und vor allem ihre Töchter, wie sich seitdem die elterlichen Partnerschaften und Familienstrukturen verändert haben und auch, welche schmerzlichen Verluste sie hinnehmen mussten. Es ist berührend, mit welcher Ehrlichkeit und ganz ohne Rechtfertigungsdruck, auch die Männer, ihre damalige und heutige Situation schildern. Auch die Protagonistinnen aus Katharina Riedels Film lassen den Zuschauer berührt und sensibilisiert für die Lebensläufe von Migrantinnen zurück.

Die 57-jährige Bulgarin Vesta, die seit fast 30 Jahren in Ostdeutschland lebt, bringt ihre Erfahrungen direkt auf den Punkt. „Brandenburg braucht mich nicht", sagt sie nüchtern und spricht nicht wenigen in gleicher Situation aus der Seele, wenn sie sagt, „dass sie hier geduldet wird und ein – nicht zu großes – Stück vom Kuchen abhaben darf.“ Nichtsdestotrotz lässt sie sich, genauso wie die 150 000 anderen Brandenburger und Brandenburgerinnen mit Migrationshintergrund, im nicht immer leichten Alltag nicht entmutigen und kämpft mit bewundernswerter Energie dafür, ihre Träume zu verwirklichen.

Die beiden sehr sehenswerten Dokumentarfilme spüren einfühlsam und genau der heutigen Befindlichkeit von Frauen nach. Sie zeigen offen deren Stärken und die ungezählten Verletzungen und reflektieren anschaulich das eigene Gewordensein. Beeindruckend auch das scheinbar „rückständige“ Leben der Kurdin Meryem aus der Türkei, die dafür gesorgt hat, dass ihre energiegeladenen Töchter genau wissen, was sie wollen. Zu schade, dass bisher nur wenige der weiblichen (Über-)Lebenskräfte in den „machtvollen“ Positionen zum Tragen und so zum gewinnbringenden gesamtgesellschaftlichen Wirken kommen. Katharina Riedels Film wird am 22. März im Filmmuseum und Bianca Bodaus „Frohe Zukunft“ noch in diesem Jahr in der ARD zu sehen sein. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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