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Raum für freie Assoziation. Henning Kürschners „Marokkofragment 2008“.

© promo

Kultur: Farbenprächtig

Der Maler Henning Kürschner zeigt im Kunstraum des Waschhauses die Schönheit Marokkos

Neontürkis und tiefes Himmelblau, Bordeauxrot und Pink, Schwarz, Creme und Mintgrün: Die Farben definieren die Formen, die sich in Henning Kürschners Malereien zu Bildräumen fügen. Sie füllen klare, scharfkantige Flächen oder umreißen das arabische Gewand einer Frau, das so unscharf schillert, so impressionistisch wirkt, als wäre es einem Gemälde Claude Monets entnommen – wäre dieser je in Marokko gewesen.

Henning Kürschner war in Marokko, im Jahr 2008. Die Schönheit des Landes, gleichzeitig aber auch die politischen Konflikte, die schon damals den Alltag des arabischen Landes prägten, beeindruckten ihn. In Bildern wollte er einen Hauch dieser Atmosphäre einfangen. Kürschners erste Ausstellung in Potsdam, in der unter anderem einige dieser Bilder zu sehen sind, ist derzeit im Kunstraum des Waschhauses in der Schiffbauergasse zu sehen.

Der 71-Jährige war bis 2007 Professor für Malerei an der renommierten Berliner Hochschule der Künste. Heute arbeitet er in seinen Ateliers in Potsdam und in Griechenland. Der Maler versteht es, in seinen Bildern visuelle Tiefe zu erzeugen: Die kontrastierenden Farben schaffen in den zweidimensionalen Gemälden mehrere Ebenen, ein „Davor“ und ein „Dahinter“. Dass Kürschner dabei stets auf dem Grat zwischen figürlicher und abstrakter Malerei wandert, lässt dem Betrachter genügend Raum für freie Assoziationen, regt ihn aber immer auch zu Interpretationen an.

Klare inhaltliche Hinweise geben allenfalls die Bildtitel, wie etwa „Panik im Palast“ oder „Marokko-Fragment“. Politische Aussagen will Kürschner mit seiner Kunst aber gar nicht treffen. Er will nicht dokumentieren oder anprangern. Das ist auch der Grund, warum er nie etwas abmalt. „Ich fühle mich nicht verpflichtet, zu allem und jedem einen Kommentar abzugeben“, sagt er. Die malerische Dimension ist ihm wichtiger als die inhaltliche.

Henning Kürschner arbeitet vor allem mit langsam trocknenden Ölfarben, die ihn zwingen, sich für das einzelne Bild viel Zeit zu nehmen – manchmal Jahre. Langsam wuchs auch Henning Kürschners Treibholz-Sammlung. In der aktuellen Ausstellung ist sie erstmals zu sehen – zu Reliefs vernagelt und verklebt, mit Farbe bunt bemalt. Auch das ist Malerei. Nur eben nicht auf der Leinwand.

Mit seinen hohen Wänden und langen Sichtachsen bietet der Kunstraum des Waschhauses genug Platz für die meist großen, farbenprächtigen Werke Kürschners. Sie müssen hier nicht miteinander konkurrieren. So kann sich der Betrachter jedem einzelnen Bild hingeben – zum Beispiel dem wunderschönen Stillleben „Kind of blue“: Ein eigenartiger Ton von Türkisblau nimmt beinahe die gesamte Leinwand ein und ist zugleich anregend und beruhigend. Genau wie das gleichnamige Album des Jazz-Trompeters Miles Davis. Und auf einem angedeuteten schwarzen Tisch liegt etwas Feuriges – oder fällt es hinunter? Die perspektivische Uneindeutigkeit lässt keine Wahrheit zu.

So steckt vielleicht doch eine allgemeingültige Botschaft in Henning Kürschners Bildern, auch wenn sich der Künstler eine klaren inhaltlichen Zuordnung verwehrt: die Botschaft, dass es keine Wahrheit gibt, die für alle gilt – weder die Wahrheit, wie es in Marokko „wirklich ist“, noch die Wahrheit, was Bilder „wirklich darstellen“. Es gibt nur eine Vielfalt an Perspektiven. Linda Huke

Die Ausstellung des Malers Henning Kürschner ist noch bis Sonntag, den 16. Dezember, im Kunstraum des Waschhauses, Schiffbauergasse 4d, zu sehen. Sie ist von Mittwoch bis Sonntag jeweils von 12 bis 18 Uhr für Besucher geöffnet

Linda Huke

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