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Zahlreiche Menschen fordern in Guadalajara «Frieden» bei einem Protest nach dem Mord dreier Filmstudenten.

© Toni Rodriguez/dpa

Mord an Studenten in Mexiko: Es sind nicht nur drei, es sind wir alle

Der grausame Mord an drei Filmstudenten erschüttert Mexiko und hat eine Protestbewegung ausgelöst. Auch Stars wie Gabriel García Bernal und Guillermo del Toro beteiligen sich.

Ein dreifacher Mord bringt Mexikos Jugend auf die Straße und sorgt auch international für Empörung. Drei Filmstudenten, die im Bundesstaat Jalisco an einem Kurzfilm arbeiteten, wurden am 19. März entführt, gefoltert und ermordet, ihre Leichen sollen in Säure aufgelöst worden sein. Jetzt gab die Generalstaatsanwaltschaft von Jalisco ihre Ermittlungsergebnisse bekannt: Zwei Verdächtige, die dem Drogenkartell „Jalisco Nueva Generación“ zugerechnet werden, wurden verhaftet und haben die Tat inzwischen gestanden. Es wird jedoch angenommen, dass es mehr Täter gibt. Die Studenten – 20 und 25 Jahre alt – sollen Opfer einer Verwechslung geworden sein. „Unwissentlich befanden sie sich in einem Hochrisikogebiet“, so ein Behördensprecher. Das Haus, in dem sie drehten, wurde von dem Kartell überwacht. Die Mörder sollen einen der Männer für den Chef einer konkurrierenden Gang gehalten haben, des Kartells „Plaza Nueva“. Den Ermittlern zufolge stand keines der Opfer in irgendeiner Verbindung zum Drogenhandel.

Das Verschwinden der drei hatte im März zu Protestdemonstrationen geführt. Die Filmszene steht unter Schock, viele sind wütend: „Wir leben hier in Angst und Schrecken. In Mexiko können drei junge Leute auf furchtbare Weise getötet werden, einfach weil man es machen kann. Weil nichts passiert“, twitterte „Star Wars“-Schauspieler Diego Luna. „Welche Trauer. Dieser Albtraum muss aufhören“, schrieb sein Kollege Gael García Bernal. „Gravity“-Regisseur und Oscar-Preisträger Alfonso Cuarón äußerte seine Anteilnahme und Solidarität mit den „Müttern von Javier, Marco und Jesús“.

Auch der aktuelle Oscar-Gewinner Guillermo del Toro („Shape of Water“) hat sich zu Wort gemeldet. „Drei Studenten werden ermordet und in Säure aufgelöst. Das Ausmaß dieses Wahnsinns lässt sich nicht in Worte fassen“, schreibt er. Das „Wie“ sei grauenvoll, das „Warum“ unvorstellbar. Del Toro, der aus Jalisco stammt, besuchte die Region und sprach vor einem jungen Publikum. Dem Regisseur liegt daran, jungen Mexikanern Alternativen zum Weg in die Illegalität aufzuzeigen.

Jede dritte vermisste Person ist zwischen 15 und 24 Jahre alt

Mit mehr als 25 000 Tötungsdelikten geht 2017 als trauriges Rekordjahr in die Kriminalstatistik von Mexiko unter der Regierung von Enrique Peña Nieto ein. Jede dritte vermisste Person ist zwischen 15 und 24 Jahre alt. Schon vor diesem Hintergrund ist nicht gesagt, dass die Geständnisse der Verhafteten die ganze Wahrheit enthalten. Als 2014 im südlichen Bundesstaat Guerrero 43 Lehramtsanwärter verschwanden, hieß es seitens der Behörden, die angehenden Grundschullehrer seien von der Polizei verhaftet und an ein Drogen-Syndikat übergeben worden, das sie ermordete, die Leichen verbrannte und die Asche im Fluss verstreute. Angehörige und Aktivisten bezweifeln diese Version der Massenentführung bis heute.

Einer der jetzt Inhaftierten ist Omar ’N., ein Rapper, der unter dem Namen QBA singt. In der mexikanischen Musikszene spielt er keine große Rolle. Aber seine Youtube-Videos, in denen er seine Neigung zu Verbrechen und Drogen unverhohlen zum Ausdruck bringt, wurden mehr als fünf Millionen Mal geklickt. In dem Song „Que Descasen en Paz“ setzt er einen blutenden, gefesselten Gefangenen in Brand. Medienberichten zufolge gestand der Rapper, er habe die Leichen der Filmstudenten mit entsorgt.

In Guadalajara, der Hauptstadt von Jalisco, und in Mexiko-Stadt gingen nun erneut Tausende empört auf die Straße. „Es sind nicht nur drei, es sind wir alle“, skandierten sie. Unter dem Hashtag #NoSon3SomosTodos wird die Wahrheit über die Morde eingeklagt – und eine Zukunft ohne Gewalt, eine Perspektive für die mexikanische Jugend.

Fabiola Santiago

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