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Kultur: „Erfolg verbindet“

DT-Schauspieler Ulrich Matthes über die Stimmung im Ensemble und die Intendantenfrage

Ulrich Matthes, Jahrgang 1959, ist seit 2004 festes Ensemblemitglied am Deutschen Theater („Minna von Barnhelm“, „Der Kaufmann von Venedig“, „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“). Im Kino spielte er zuletzt Joseph Goebbels in „Der Untergang“ und einen KZ-Häftling in Volker Schlöndorffs „Der achte Tag“.

Herr Matthes, alle sagen, die Entscheidung für Ulrich Khuon als DT-Intendant sei prima. Was sagen Sie?

Auch ich freue mich sehr. Es ist eine rundum gute Entscheidung von Klaus Wowereit, André Schmitz und Barbara Kisseler, die eine gesunde, kreative Kontinuität verspricht und ebenso die Aussicht auf neue, unbekannte Pfade. Der Brief, in dem sich große Teile des Ensembles für Michael Thalheimer als künftigen Intendanten ausgesprochen hatten, artikulierte ja vor allem diesen Wunsch nach Kontinuität. Seit etwa eineinhalb Jahren steht das Haus nach innen wie außen sehr gut da, nicht zuletzt dank der Entscheidung für die vier Hausregisseure Barbara Frey, Jürgen Gosch, Dimiter Gotscheff und Michael Thalheimer. Ich fände es gut, wenn sie dem Haus erhalten blieben. Ulrich Khuon wird vom Ensemble hoch geschätzt, sein Hamburger Thalia Theater mit interessanten Regisseuren wie Stephan Kimmig oder Andreas Kriegenburg ist in einem guten Zustand. Khuon ist integer, kommunikativ und interessiert sich für die zeitgenössische Dramatik – das ist wichtig für einen neuen Intendanten.

Regie- und Ensembletheater mit zeitgenössischer Prägung hat Khuon nun zugesichert. Kommt er da nicht Armin Petras am Maxim Gorki Theater ins Gehege?

Natürlich legen alle profilierten Häuser Wert auf Regisseure mit Handschrift. Und ein starkes Ensemble findet Khuon am DT ja bereits vor, wenn ich das so kess sagen darf. Nur gehört Khuon zu denen, die bewiesen haben, dass er daraus was zu machen versteht. Einer, dem wir Regiekarrieren wie die von Thalheimer, Petras, Kimmig oder Kriegenburg verdanken, ist zweifellos ein guter Intendant. Außerdem steht Khuon für eine Mischung, die das DT bereits auszeichnet, als bürgerliches Theater – das ist ja auch ein Auftrag eines Staatstheaters – mit nichtbürgerlichen Seiten. Wobei, was heißt eigentlich bürgerlich? Auch Volksbühnen-Intendant Frank Castorf ist ein Bürger – schon in seiner Wut, keiner sein zu wollen (lacht).

Warum ist Thalheimer dem Ensemble so wichtig?

Da ich demnächst das erste Mal mit Thalheimer zusammenarbeite, fehlt mir bisher die persönliche Erfahrung. Aber er hat das Haus in den letzten Jahren mitgeprägt, die Schauspieler arbeiten gerne mit ihm, da sagt man dann: Thalheimer for president. Ich für meinen Teil hätte auch sagen können: Gosch for president. Jeder ist sich da ein bisschen der Nächste.

Warum wäre denn Thomas Oberender aus Zürich nicht der Richtige gewesen?

Auch er wäre ein respektabler Kandidat gewesen. Der unglückliche Vorvertrag, den Thomas Flierl wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit als Kultursenator aus dem Hut zog, barg ja das hohe Risiko, Oberender als Nachfolger von Wilms zu „verbrennen“. Das muss Flierl gewusst haben, Oberender ist dabei übel mitgespielt worden.

Was zeichnet den Ensemblegeist am Deutschen Theater eigentlich aus?

Die Ostwestproblematik, die ja bei der Berufung und beim Rücktritt von Christoph Hein wieder auf die Tagesordnung kam, spielt in der täglichen Arbeit keine Rolle mehr. Das ist auch Bernd Wilms zu verdanken, der dem Haus vor allem in der zweiten Hälfte seiner Intendanz in seiner Eigenschaft als Menschenfischer ein deutliches Profil gegeben hat – ohne dabei nur im Geringsten wichtigtuerisch aufzutreten. Er hat es geschafft, dass sich der Ostwestkonflikt wie von alleine auflöst. Der von mancher Seite immer noch beschworene Riss durchs Ensemble ist ein alter Hut. Auch die verschiedenen Regiehandschriften und -methoden entzweien das Ensemble nicht, es gibt keine Cliquen. Natürlich sind sich nicht alle gleichermaßen sympathisch. Aber wir sind Schauspielerpersönlichkeiten, die einander respektvoll und mit viel Spaß bei der gemeinsamen Arbeit begegnen. Und die Platzausnutzung von 87 Prozent spricht für sich: Erfolg verbindet.

Ein Wunsch an Khuon und ein Tipp für den Neuberliner?

Mein Vertrauen zu Khuon ist groß. Er soll 2009 kommen und ein paar Geschenkpäckchen mitbringen, da wird schon was Flottes drinsein. Und er soll sich von den rauen, aber herzlichen Berlinern nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.

– Das Gespräch führte Christiane Peitz.

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