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Wackelig. Rachel Kohns Skulptur spiegelt den Zustand des Sans Titre.

© A. Klaer

Kultur: Eine Brücke für die Kunst

Das Kunsthaus Sans Titre zeigt „Art avec titre“ – und bastelt an seiner Zukunft

Spitze Striche auf Papier und eine fragile Kleinskulptur aus sperrigen Holzstäben: So sieht die Skulptur aus, die Pomona Zipser derzeit im Kunsthaus Sans Titre zeigt. Der Titel: „Die Brücke“. Die Skulptur könnte auch eine Metapher für die Situation des Kunsthauses sein. In exponierter Lage in der Potsdamer Innenstadt schlägt es eine Brücke zwischen zeitgenössischer Kunst und klassischen Arbeiten, wie sie das Potsdam Museum und das Museum Barberini bieten. Auch die Situation des Kunsthauses ist nicht sonderlich stabil.

Wie die fragile Skulptur von Ev Pommer, ebenfalls in der Ausstellung „Art avec titre“ zu sehen, befindet sich das Kunsthaus derzeit ein wenig unter einer Glasglocke: geschützt durch positive Bekundungen von Seiten der Stadt Potsdam – aber doch bedroht durch eine längerfristig instabile Rechts- und Finanzierungslage. Ein gemeinnütziger Trägerverein ist offizieller Nutzer der Immobilie. Zwar ist der Verein in den vergangenen Jahren gewachsen, aber die weitere Entwicklung ist gegenwärtig unklar.

Das denkt jedenfalls der Maler und Bildhauer Mikos Meininger, der das Haus zusammen mit dem Künstler Chris Hinze vor acht Jahren gegründet hat. Nach dem Weggang Hinzes in diesem Jahr befinde sich das Haus in einer Neufindungs- und Umstrukturierungsphase, sagt Meininger. Vieles werde neu gedacht. So auch bei der Kreativwerkstatt, unterstützt von der Agentur für Kultur und Kreativwirtschaft Brandenburg, die kürzlich im Haus stattgefunden hat. „Das öffnet den Blick für weitere Vernetzungen und Professionalisierung“, sagt der Künstler. Auch die Stadt Potsdam werde das Kunsthaus möglicherweise fördern. Bei einer Anhörung im Kulturausschuss zeigte sich die Möglichkeit einer längerfristigen finanziellen Unterstützung als Institution. Entschieden sei nichts. Aber es sei deutlich, dass die langjährige intensive Arbeit der Gründer Früchte getragen habe. Die würden auch in der stadtpolitischen Landschaft wahrgenommen werden, konstatiert Meininger.

Eindeutig ist aber auch: das Haus liegt auf einem Filetgrundstück mitten in der auch finanziell hochinteressanten Mitte Potsdams. Auf dem Nachbargrundstück entsteht voraussichtlich im kommenden Jahr ein Hotel. Der Eigentümer des Grundstücks des Sans Titre hat sich noch nicht festgelegt, wie es mit dem Kunsthaus weitergeht. „Wir sprechen regelmäßig miteinander, der Kontakt ist gut. Bisher wurde uns gesagt, dass ein Abriss nicht geplant ist“, erklärt Meninger. Der Eigentümer, die Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft 1956, möchte sich aktuell ausdrücklich nicht zur weiteren Planung erklären.

Die gegenwärtige Ausstellung zeigt „Art avec titre“ – Kunst mit Titel. Ein kleines Wortspiel des Kunsthauses, das ja eigentlich keinen Titel trägt. Meininger und der Galerist Werner Ruhnke versammeln hier erneut eine Vielzahl von Künstlern zu einer Gemeinschaftsausstellung. „Es ging uns einerseits um die Qualität der Arbeiten und andererseits darum, einen Querschnitt durch die Kunst, die in Potsdam und Brandenburg entsteht, zu zeigen“, erläutert Ruhnke. Skulptur, Malerei und Fotografie sind zu sehen, insgesamt 133 verschiedene Arbeiten von 28 Künstlern. Susanne Ruoff zum Beispiel zeigt „Schätze“: Kieselsteine, aufgebahrt in zwei Holzkästen. In die Kästen hat die Künstlerin Mulden gefräst, in welche sich die großen, runden Steine genau einfügen. Aufgeständert auf einer langbeinigen Metallkonstruktion stehen die naturbelassenen Steine im Raum und präsentieren so ein Stück Ursprünglichkeit wie einen Schatz.

Natürlich wirken auch die Häuser und Stühle von Rachel Kohn. In ihrer miniaturisierten Formsprache reduzieren die Modelle den komplexen Gegenstand auf sein Wesen, verfremden diesen aber auch: das Haus biegt sich in der Mitte, oder es kommt auf Rädern daher. Architektur ist auch ein Thema von Wojtek Skowron. Menschen finden sich nicht auf den Bildern des Fotografen, aber abgelichtete Treppen, Innenräume und Mauerwände. Harte Schlagschatten und ein geisterhaftes Licht lassen die abgebildeten Orte sonderbar entrückt erscheinen. Als sei die Zukunft noch nicht so recht angebrochen. Wie im Sans Titre auch. R. Rabensaat

„Art avec titre“, bis zum 21. Dezember täglich 14 bis 19 Uhr im Kunsthaus Sans Titre, Französische Str. 18. Heute von 19 bis 23 Uhr Lange Kunstnacht

R. Rabensaat

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