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Kultur: Ehre aus Rom

Päpstliche Würdigung für Wolfgang Loschelder

Päpstliche Würdigung für Wolfgang Loschelder Von Jan Kixmüller Man könnte fast schon von einem päpstlichen Wunder sprechen. Denn die Urkunde der päpstlichen Auszeichnung „Pro Ecclesia et Pontifice“ (für Kirche und Papst), die der Rektor der Universität Potsdam Wolfgang Loschelder am Donnerstagabend vom Erzbischof Berlins, Georg Kardinal Sterzinsky im Schlosstheater im Neuen Palais verliehen bekam, trägt nicht die Unterschrift des derzeitigen Papstes Benedikt XVI., sondern seines Vorgängers Johannes Paul II. Doch kein Wink des Himmels war hier am Werk, auch die Mühlen im Vatikan mahlen manchmal etwas langsamer. So hatte die geistliche Würdigung von Loschelder noch Papst Johannes Paul II. am Krankenbett unterzeichnet. Ein recht ungewöhnliches Ereignis, das sich da im doch eher laizistischen Potsdam zutrug. Ein Mann, der in den nächsten Tagen 65 Jahre alt wird, und seit nunmehr zehn Jahren als Rektor die Geschicke der Universität Potsdam leitet, wird mit einer päpstlichen Würdigung aus Rom ausgezeichnet. Allein dass Loschelder einst in der ewigen Stadt Rom geboren wurde, kann der Grund dafür nicht sein. Gründe gab es aber genug. Kardinal Sterzinsky verriet, was er alles nach Rom berichtete: dass Loschelder in den unsicheren Jahren der Wende eine Juristische Fakultät in Potsdam errichtete, danach gleich zwei mal Rektor der neuen Potsdamer Universität wurde. Hier habe sich der Jurist als Bürger und Mensch bewährt. Dann habe sich Wolfgang Loschelder auch als Christ bewährt. Sterzinsky konnte Rom berichten, dass Loschelder je ein Institut für katholisches wie evangelisches Kirchenrecht als auch ein Kolleg zur Rabbinerausbildung „in bester Harmonie“ an der Universität verankert hat. Und nicht zuletzt, das Engagement in der kirchlichen Gemeinde, das der Katholik Loschelder in Potsdam gezeigt hat. Zwischen dem Bürger und dem Christen Loschelder finde man keinen Gegensatz, das zeichne ihn aus. Der genaue Titel sei der Urkunde auf Latein zu entnehmen, sagte der Kardinal ohne weiter auf das Geschriebene einzugehen. Was im Publikum mit Erheiterung aufgenommen wurde. Sterzinsky holte es schnell nach, die Urkunde samt Übersetzung zu verlesen. Als er den Orden in die Hand nahm, schien er sich etwas überfordert und rief seinen Assistenten. Der sprang ihm sogleich zur Seite und schließlich, mit vereinten Kräften, brachte man die seltene Auszeichnung an Loschelders Revers an: Ein Metallkreuz, dem Bilder der Apostel Petrus und Paulus, Wappen und Name des Papstes und der Titel „pro ecclesia et pontifice“ eingeprägt sind. Zuvor waren Loschelder, der noch bis Ende 2006 das Amt des Rektors der Universität inne hat, aus dem Kollegenkreis einige weltlichere Würdigungen zuteil geworden. So wurde deutlich, was den Menschen Wolfgang Loschelder im Kern ausmacht. Nach der Wende von der Ruhr-Universität Bochum kommend, war es dem Rektor gelungen, die Ost-West-Integration an der Universität sensibel, gerecht und als Herzensangelegenheit zu vollziehen. Was ihm heute gerade die Kollegen aus dem Osten bescheinigen. Auch habe er die seelischen Lasten anderer auf sich genommen und manche Gratwanderung begangen. Geduld, Verständnis, Harmoniebedürfnis und Beharrlichkeit waren Worte für den Mann, ohne den es an der Universität heute kein wissenschaftliches Forum für Juden- und Christentum gäbe. Nicht zuletzt wurde aber auch seine Streitkultur erwähnt, die bisweilen ein explosives Temperament zutage treten lasse. Explosives gab es zwischendurch auch in dem Streitgespräch zwischen dem renommierten, französischen Politologen Prof. Alfred Grosser und seinem ehemaligen Studenten Prof. Axel Freiherr von Campenhausen. Ein Vergleich des Verhältnisses von Kirche und Staat in Frankreich und Deutschland stand an: Neutralität oder Laizität? Grosser votierte für den französischen Laizismus, die strikte Trennung von Staat und Kirche. Schließlich engagiere sich der laizistische Staat mehr für Familien und Kinder als Deutschland, das sein Verhältnis zu den Kirchen über Staatsverträge regelt. Den Kirchen gegenüber zeigte sich der „jüdisch geborene, christlich orientierte Atheist“ Grosser kritisch, die absolute Wahrheit könnten die Kirchen nicht für sich in Anspruch nehmen, für Grosser ist die Suche nach Wahrheit das Wichtigste. Und wenn Papst Benedikt XVI. sage, dass das Übel in der Welt von der Abkehr von Gott herrühre, könne er nicht mitgehen: „Wie viele Verbrechen wurden doch im Namen Gottes verübt?!“ Überhaupt mische sich gerade die katholische Kirche zu sehr ins Privatleben der Menschen ein. Freiherr von Campenhausen hielt dem entgegen, dass die Kinder in der Schule die biblische Geschichte, die doch das Fundament unsrere Gesellschaft bilde, lernen müssten. Es entspreche nicht dem deutschen Prinzip der Freiheitlichkeit, dass der Religionsunterricht in einem Fach wie LER zusammengefasst werde. Kardinal Sterzinsky konnte später feststellen, dass es doch noch viel zu diskutieren gäbe. Doch da drängte schon die Festveranstaltung mit dem Buffet unter freiem Himmel. Und wie durch einen Wink des Himmels gab es wieder Erwartens den ganzen Abend keinen Regen.

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