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Kultur: Die Büste Alexanders kommt aus St. Petersburg

Das erste private Museum Potsdams in der Russischen Kolonie Alexandrowka wurde gestern eröffnet

Das erste private Museum Potsdams in der Russischen Kolonie Alexandrowka wurde gestern eröffnet Von Klaus Büstrin Den russischen Zaren Alexander I. und den preußischen König Friedrich Wilhelm III. findet man in der Kammer. Als Büsten. Dr. Hermann A. Kremer, ein Gynäkologe aus Haltern in Westfalen, hat den beiden Monarchen einen eigenen Raum gewidmet, in seinem Museum Alexandrowka. Gestern wurde das erste private Museum Potsdams eröffnet. Im Haus Nr. 2 der Russischen Kolonie, das Kremer kaufte und sanierte. Die Siedlung wäre ohne Alexander und Friedrich Wilhelm nicht denkbar. Beide waren tief verbunden. Im November 1805 weilte der Zar in Potsdam. Der Russe und der Preuße besuchten gemeinsam die Garnisonkirche. In der Gruft Friedrichs des Großen schworen sie Freundschaft. Sie trafen sich noch mehrere Male. Besonders wichtig wurden ihre Beziehungen, als Napoleon sich auf den Weg machte, Europa zu erobern. Auch familiär festigten sich die Verbindungen. Die Tochter Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise, Charlotte, heiratete 1817 den russischen Großfürsten und Nachfolger Alexanders, Nikolaus. Die Russische Kolonie wurde auf Anregung Friedrich Wilhelms III. 1826 für russische Sänger erbaut, die als Kriegsgefangene in Preußen blieben. Nachdem 1806/07 Napoleon die Preußen besiegte, mussten sie 20000 Soldaten für seinen Russlandfeldzug bereitstellen. Dort machten sie Gefangene, die nach Berlin und Potsdam kamen. Da der König russisches Liedgut sehr mochte, wurde ein 21 Mann starker Soldatenchor gegründet. Mehrere Mitglieder wurden die ersten Bewohner von Alexandrowka. Es war für das Ausstellungsteam kompliziert, eine Büste des Zaren in Deutschland ausfindig zu machen. So mussten sie nach St. Petersburg reisen. Im dortigen Russischen Museum sahen sie eine Plastik. Davon ließ man einen Gispsabguss anfertigen. Dagegen konnte Dr. Kremer die Preußenkönig-Büste, eine Arbeit des Bildhauers Christian Daniel Rauch, ohne Probleme als Abguss in Berlin kaufen. Es gibt im Museum fast keine gegenständlichen Sachzeugen, die an die Kolonisten erinnern, außer einen Kachelofen aus dem Jahre 1850 in der Stube und einen Herd mit Rauchfangbalken in der Küche, das Namensschild der Familie Jablokoff (Haus Nr. 8) und einen Stahlstich der Alexander-Newski-Kirche auf dem nahe gelegenen Kapellenberg. Bei den Recherchen der Denkmalpfleger und der Museumsleute fand man beispielsweise keine Kinderwiege, keine Porzellantasse oder Holzlöffel. Die Bewohner von Alexandrowka waren auf ihr alltägliches Leben bedacht, sie haben nicht an die Nachwelt gedacht. Warum auch? Es ist das Haus selbst, das zum Museum wird. Man findet eine Leseausstellung. In sechs biedermeierlich ausgemalten Räumen wird auf Glasstelen die Geschichte der Russischen Kolonie und ihrer Bewohner erzählt, auch der Familie Zschiesche, die Anfang des 20. Jahrhunderts im Haus Nr. 2 wohnte. Sie zählt nicht mehr zu den Nachkommen der russischen Sänger, die nach und nach immer weniger wurden. Heute findet man nur noch zwei Namen von direkten Nachkommen in Alexandrowka: Schischkoff und Grigorieff. Natürlich haben die Ausstellungsmacher nicht nur die informativen Texte auf Tafeln gebannt, sondern auch reichhaltiges Bildmaterial, so dass man sich mit Wort und Illustrationen – Reproduktionen von Gemälden, Kupfer-und Stahlstichen sowie Fotos – vielfach informieren kann. Übersichtlich sind die Themen geordnet. Im Flur wird über die schwierige und aufwändige Rekonstruktion des Hauses berichtet, in der Stube über die Vorgeschichte der Kolonie, in der Küche wird der Lenne“sche Garten bedacht, in dem man über 500 verschiedene rekultivierte Obstgehölze findet. Die zweite Stube ist den Bewohnern der Kolonie vorbehalten. Hier gibt auch ein Fenster den Blick in den Kellerraum frei. Der Nachbarraum ist Sonderausstellungen vorbehalten. Zurzeit findet man dort Zeichnungen des Erlanger Universitätsprofessors Horst Römer, der die besondere Stimmung von Alexandrowka einfing. Fotos von Walter Feuster zeigen Details nicht rekonstruierter Gebäude. Im ehemaligen Stall kann man sich einen Tee und einen Kaffee bestellen und nebenan im Shop sind zwei Videos über die Geschichte der Kolonie und über die Rekonstruktion des Hauses Nr. 2 zu erwerben, die im Museum gezeigt werden. Potsdam ist seit gestern reicher geworden, durch die Privatinitiative von Hermann A. Kremer. Dafür sollte ihm der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt sicher sein. Museum Alexandrowka, Russische Kolonie 2, ab heute geöffnet, Di-So 10 bis 18 Uhr, Tel. 0331/8170203. Eitritt: 3,50 Euro

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