„Dicks – Das Musical“ bei der „Woche der Kritik“ auf der Berlinale: Das doppelte Pimmelchen
Das Stelldichein der deutschen Filmkritik flankiert die Berlinale. „Dicks – Das Musical“ von Larry Charles, in Deutschland noch nicht veröffentlicht, gehört zu den dort gezeigten Preziosen.
Seit 2015 flankiert die „Woche der Kritik“, das Stelldichein des Verbands der deutschen Filmkritik, die Berlinale. Begonnen hat sie dieses Jahr mit einer Konferenz in der Akademie der Künste, die das Filmemachen in Zeiten der Klimakrise diskutierte. Und im Kino Hackesche Höfe läuft bis zum 22. Februar ein Programm mit Filmen, die Anlass zu ästhetischer oder politischer Diskussion geben.
So wie „Dicks – Das Musical“, der unter dem Motto „Sound and Fury“ gezeigt und besprochen wird. Der Ruf des Krawallmusicals von Larry Charles, das 2023 in den USA herauskam, ist längst vor dem für Sommer avisierten deutschen Kinostart herübergeschallt.
Eine lustige Bad-Taste-Show soll das bündig „Pimmel“ benannte Werk nach dem Off-Broadway-Musical „Fucking Identical Twins“ von Josh Sharp und Aaron Jackson sein. Alt-Comedian und Regisseur Larry Charles ist als geistiger Vater von Possen wie „Borat“ und „Seinfeld“ bekannt, da ahnt man, wo die Reise hingeht.
Prompt bestätigt sich beim Anschauen nach wenigen Minuten: Der Trash- und Camp-Faktor der queeren Empowerment-Posse ist erheblich. Als Erzähler der Geschichte von Craig (Josh Sharp) und Trevor (Aaron Jackson), zwei Macho-Arschlöchern und Top-Verkäufern aus New York, fungiert niemand geringeres als Gott (Bowen Yang). Genauer: ein koksender Gay-Gott im Glitteroutfit.
Die Story haben Sharp und Jackson scheint’s bei Erich Kästners doppeltem Lottchen abgeschaut. Die beiden Alpha-Männchen mit XXL-Ego stellen zufällig fest, dass sie Zwillinge sind und wollen ihre exzentrischen Eltern wieder zusammenbringen, in dem sie sich als der jeweils andere Zwilling ausgeben. Verwechslungskomödie halt.
Mit nostalgischem Look und Songs im klassischen, mal kabarettistischen, mal balladesken Stil baut „Dicks“ eine Musical-Kulisse auf, die das Spiel des Knallchargen-Duos Craig und Trevor und die durchgedrehte Story sofort wieder einreißen.
Megan Thee Stallion, fügt als Domina-Boss der zwei Salesmanager mit der Nummer „Out Alpha the Alpha“ in der Klangfarbe Rap den nötigen zeitgenössischen Appeal hinzu. Klar, dass von Craigs und Trevors Machohaftigkeit in dieser Persiflage auf maskuline Karrieregeilheit und Misogynie nichts übrig bleibt.
Larry Charles fleddert in „Dicks“ nicht nur Kitsch und konservative Harmlosigkeit traditioneller Hollywoodmusicals, sondern verulkt mit Minimonstern aus der Kanalisation und einer fliegender Gummi-Muschi auch seligen B-Movie-Grusel.
Heraus kommt eine echt schräge Komödie samt musicaltypisch aufgesetztem Appell zu gesellschaftlicher Toleranz. Gott ist gay, super Sache. Songs und Choreografien von „Dicks“ könnten trotzdem eine Schippe knackiger sein.
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