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Kultur: Der Potsdamer Orgelsommer sagt: „Wünsch dir was“

Die Orgel ist seit jeher untrennbar mit dem Ritus verknüpft. Gott zur Ehre erklingt sie seit dem Mittelalter in den Kirchen Europas und wie kaum ein anderes Instrument bietet sie einen Reichtum an Klangmaterial und Experimentiermöglichkeiten.

Die Orgel ist seit jeher untrennbar mit dem Ritus verknüpft. Gott zur Ehre erklingt sie seit dem Mittelalter in den Kirchen Europas und wie kaum ein anderes Instrument bietet sie einen Reichtum an Klangmaterial und Experimentiermöglichkeiten. Der Internationale Orgelsommer, ins Leben gerufen vor 28 Jahren von den Kirchenmusikdirektoren Friedrich Meinel und Matthias Jacob, greift die Möglichkeiten in diesem Jahr nun auf.

„Wünsch dir was“ heißt das Gesamtprogramm 2018. Johannes Lang, seit Herbst 2016 Organist und Kantor an der Friedenskirche Sanssouci, führt auch in diesem Jahr das erfolgreiche Orgelfestival in drei Gotteshäusern Potsdams fort, vom 4. Juli bis zum 29. August immer mittwochs in der Erlöser- und Friedenskirche sowie in der Französischen Kirche.

Hinter dem Festivalmotto verbirgt sich kein Wunschkonzert, in dem Highlights rauf und runter gespielt werden. Vielmehr erklingt die Musik nach Wünschen der Zuhörer – nicht eins zu eins, sondern sie entsteht im jeweiligen Kopf des Organisten. Er oder sie improvisiert. Goethe hat seinem Vertrauten Eckermann mitgeteilt, was er unter dem Begriff Improvisation versteht: über einen Gegenstand, der zur Aufgabe gestellt ist, unmittelbar produktiv zu werden.

Die Improvisation auf der Orgel setzt eine meisterhafte Kontrolliertheit der Mittel mit großer handwerklicher Perfektion voraus, die von einer tiefen Quelle der Fantasie genährt wird. Kantor Lang hat Orgel-Interpreten eingeladen, die nach seinem Bekunden ungewöhnliche Klang-Ereignisse auf den „Königinnen der Instrumente“ gestalten werden. Nachdem am morgigen Dienstag in der Friedenskirche bereits Christian Drengk aus Freiburg ein Orgelkonzert für junge Leute unter dem Titel „Orgel-Impro-Slam“ musiziert, werden sich zum Orgelsommer-Auftakt am Mittwoch Johannes Lang und sein Kollege Jan Esra Kuhl aus Karlsruhe zu einem Wettstreit treffen – um über Themen zu improvisieren, die ihnen das Publikum „zuruft“. Aber auch gestandene Orgelliteratur von Gustav Adolf Merkel, Mendelssohn und Bach wollen sie zu Gehör bringen.

Die weiteren acht Konzerte versprechen ebenfalls spannende Begegnungen mit Künstlern und mit aus dem Stegreif entstehender Musik. So sind unter anderem der in Frankreich lebende 28-jährige Pole Karol Mossakowski (11. Juli, Erlöserkirche), Karl Ludwig Kreutz aus Konz (18. Juli, Friedenskirche), der Italiener Antonio Di Dedda (25. Juli, Erlöserkirche) und Martin Sturm aus Würzburg (1. August, Französische Kirche) zu erleben.

Als Novum innerhalb des Festivals gelten zwei Veranstaltungen am 15. und 22. August. Zunächst wollen sich Kino und Orgel zu einem Gesamtkunstwerk vereinen. Zu der deutschen Stummfilmkomödie „Kohlhiesels Töchter“ von Ernst Lubitsch 1920 gedreht, spielt Anna Vavilkina simultan Orgelimprovisationen. Die Musikerin hat sich im Berliner Kino Babylon als Organistin für Stummfilme einen Namen gemacht. Auch ein Abend mit improvisiertem Tanz und Orgelmusik in der Erlöserkirche steht auf dem Programm. Der Chemnitzer Kirchenmusiker Steffen Walther und Tänzer der fabrik Potsdam lassen sich ganz und gar von fantasievoller Kreativität bewegen. Klaus Büstrin

Internationaler Orgelsommer, Eröffnung am 4. Juli, 9.30 Uhr, Friedenskirche

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