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Kultur: Brotlose Kunst?

Podiumsdiskussion „Frauen managen Kunst“

„Potsdam ist ein Frauenparadies, was die Kulturpolitik angeht“. Mit diesen Worten eröffnete rbb-Moderatorin Birgit Schönberger die Podiumsdiskussion „Frauen managen Kunst – Kulturpolitik in Brandenburg“, die am Donnerstagabend im Rahmen der Ausstellung „Ein Leben in Farbe“ von Sibylle Ascheberg-Bamberg im Alten Rathaus stattfand. Prominente Gesprächspartnerinnen waren die ehemalige Berliner Kultursenatorin Adrienne Goehler, Potsdams Leiterin des Fachbereichs Kultur und Museen, Birgit-Katharine Seemann, Prof. Helene Kleine vom Fachbereich Kulturarbeit der Fachhochschule Potsdam und Gerlinde Förster als Vertreterin der GEDOK.

Gleich zu Beginn stand die Frage, wen diese gestandenen Kulturmanagerinnen denn fördern würden, sofern ihnen unbegrenzte geldliche Mittel zur Verfügung stünden. Ideen wie die einer Internationalen Frauenuni oder von Studentenreisen zur Kunstbetrachtung nach New York standen ganz schnell im Raum. Noch schneller kam frau jedoch auf die finanziellen Zwänge zu sprechen, in denen sie sich größtenteils bewegen muss, sollte sie sich denn entschließen, freie Künstlerin zu werden oder beispielsweise Kulturarbeit zu studieren. Von prekären Arbeitsverhältnissen war immer wieder die Rede, auch selbst betroffene Künstlerinnen aus dem überwiegend weiblichen Publikum der gutbesuchten Veranstaltung meldeten sich emotional bewegt zu Wort.

Von einem hohen Maß an Selbstausbeutung bis hin zur unbezahlten Arbeit berichteten die Fotografin Angela Fensch, die Künstlerin Godiva von Freienthal und die Bildende Künstlerin Monika Maria Nowak. Da konnte es fast schon zynisch anmuten, wenn Hochschullehrerin Helene Kleine ihren zukünftigen Kulturmanagerinnen empfiehlt, eine hohe Leidensfähigkeit mitzubringen, „nicht so bescheiden zu sein“ und, um sich nicht unter Wert zu verkaufen, „lieber Taxi zu fahren“. Sie formulierte, gleichfalls ziemlich provokativ, „dass die Gesellschaft auch gut funktioniert, ohne dass Künstler gut bezahlt werden“ und dass „die Szenarien zu negativ seien“. Die streitbare Publizistin Adrienne Goehler, Autorin des kontrovers diskutierten Buches „Verflüssigungen“ – Wege und Umwege vom Sozialstaat zur Kulturgesellschaft – öffnete den Diskussionsrahmen in die gesamtgesellschaftliche Dimension. Sie ermutigte Künstlerinnen und Künstler, sich mit anderen „Prekären“ zu verbünden und für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu streiten.

Denn: „Kunst ist weder Ware noch Luxus, sondern Humus in der Gesellschaft“, formulierte unter Beifall Gerlinde Förster vom Künstlerinnen-Netzwerk GEDOK. Und es braucht , darin waren sich die Gesprächspartnerinnen einig – die sich, anders als viele Männer gegenseitig zuhörten und ausreden ließen – Umdenkensprozesse in unserer Gesellschaft, um ihre Bedeutung und ihren Stellenwert im 21. Jahrhundert wirklich zu begreifen.

Potsdam, darauf verwies Birgit-Katherine Semann, befindet sich in einem solchen und fördert im Gegensatz zu vielen anderen Städten speziell Frauenkultur. „PrimaDonna“ im Autonomen Frauenzentrum arbeitet mit einer 35-Stunden-Stelle und einer anteiligen Betriebskostenbezuschussung. Immerhin? Immerhin. Astrid Priebs-Tröger

Die gesamte Diskussion kann heute ab 17.04 Uhr im rbb-Kulturradio in der Reihe „Zeitpunkte“ verfolgt werden.

Astrid Priebs-Tröger

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