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Wer Liebe sucht. Die überragende Muriel Wimmer als Sarah.

©  X-Verleih

Kultur: Auf der Suche

Christian Klandts Film „Little Thirteen“ als Vorpremiere im Filmmuseum Potsdam

„Alle sagen, hier ist es Scheiße. Jeder ist für sich. Aber ich will nicht weg von hier. Ich weiß, wie man hier glücklich wird“, sagt die 13-jährige Sarah in „Little Thirteen“. Die große Plattenbausiedlung, in der sie und ihre beste Freundin Charly leben, könnte in jeder deutschen Großstadt stehen. Aber von dem, was man emotional zum Glücklich werden braucht wie Luft zum Atmen – liebevolle Beziehungen, Nähe und Geborgenheit, aber auch Orientierung – finden sich in ihrem jeweiligen familiären Umfeld kaum Spuren. Die schmerzende Wunde der emotionalen Bedürftigkeit suchen die beiden Teenager mit schnellem Sex mit vielen Jungen zu betäuben: Sexualität als Surrogat.

Wie sehr der Film „Little Thirteen“, mit dem Regisseur Christian Klandt und sieben weitere junge Absolventen der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ ihr Diplom erwarben, einen hochsensiblen Nerv der Gesellschaft trifft, zeigte nicht nur die Vorpremiere am Dienstag im Filmmuseum, das mit Zuschauern jeden Alters randvoll besetzt war, sondern auch die anschließende Diskussion.

Sarah lebt mit ihrer Mutter Doreen und deren Lover Maik in einer Gemeinschaft, die an eine Konkurrenz bestimmte Mädchen-WG erinnert, in der Orientierung, Verantwortung und jegliche Grenzen, vollkommen verloren gegangen sind. Selbst in den zaghaften Beginn einer möglichen Beziehung ihrer Tochter drängt sich Doreen, als Sarah sich in den Gymnasiasten Lukas verliebt – von dem sie nicht weiß, dass er heimlich selbstgedrehte Pornos beim Drogendealer gegen Pillen eintauscht. Charlys Mutter Yvonne verbringt die Tage schlafend oder mit einem Puzzle, kaum kann sie ihre Lethargie soweit überwinden, Charlys jüngere Geschwister zu versorgen.

Der Film zeichnet ein Bild emotionaler Verwahrlosung seiner Figuren, dessen Schonungslosigkeit in vielen Szenen schockiert – in der nächtlichen Gartenszene etwa, in der sich Sarah und Charly mit ihren neuen Bekanntschaften Lukas und Diggnsäck nach der Party auf der Hollywoodschaukel unterhalten. Dass dem Handeln von Sarah und Charly, Lukas und Diggnsäck, aber auch Doreen, Maik und Yvonne die Sehnsucht nach Geborgenheit zugrunde liegt, macht traurig.

Im Filmgespräch mit Moderatorin Julia Vismann führte Regisseur Christian Klandt aus, dass „Little Thirteen“ keine Ausnahmeerscheinung thematisiert: „Es geht darum, dass Jugendliche in Deutschland – es ist ein deutsches Thema – ins Bett gehen, um ihr Selbstwertgefühl aufzubauen. Und das es ganz normal ist, keine Mutter-Tochter-Beziehung zu haben. Das sind keine Einzelfälle. Aber von diesem Thema wissen nur diejenigen, die professionell mit den Jugendlichen arbeiten, also Lehrer, Pädagogen oder Vereinsleiter.“ Dieses Pänomen der emotionalen Verwahrlosung sei in allen Schichten der Gesellschaft zu finden.

Der Geschichte liegen Recherchen von ihm und Drehbuchautorin Catrin Lüth zugrunde, die in einem Jugendclub zunächst einen Filmworkshop anboten. „Um die Aura der Jugendlichen zu erfahren“, so Christian Klandt. Besonders wertvoll seien bei ihrer Recherche auch die Gespräche mit Sozialarbeitern gewesen.

„Es ist uns wichtig gewesen, die Jugendlichen so zu zeigen, wie sie ihnen begegnet seien: Nicht als Opfer, sondern als selbstbewusst handelnde Menschen mit jeder Menge Energie und Lebenslust“, sagte Catrin Lüth.

Auf die Frage, was sie an der Rolle der Sarah gereizte habe, antwortete die knapp 18-Jährige Darstellerin Muriel Wimmer: „Ich finde Sarah wahnsinnig stark, obwohl sie so eine große Verletzlichkeit in sich birgt. Ich lebe nicht so wie die Sarah, aber ich kenne die Gefühle, die Sahra hat, von mir und meinen Freunden. Das sich finden müssen und die verschiedenen Wege, wie man damit umgeht. Ich fand es sehr interessant, mich da heran zu tasten.“ Gabriele Zellmann

„Little Thirteen“ ist am heutigen Donnerstag, 20 Uhr, am morgigen Freitag, 22.30 Uhr, am Samstag, dem 7. Juli, 22 Uhr und am Sonntag, dem 8. Juli, 18 Uhr im Filmmuseum, Breite Straße 1A, zu sehen

Gabriele Zellmann

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