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Daniel Barenboim 2005 mit seinem West-Eastern Divan Orchestra in Ramallah.

© EuroArts Music

25 Jahre West-Eastern Divan Orchestra: Musik und Utopie

Auf Verständigung durch Musik setzen Daniel Barenboim und sein West-Eastern Divan Orchestra, in dem Israelis und Araber gemeinsam musizieren. Ist das zu schön, um wahr zu sein?

Eine Kolumne von Frederik Hanssen

Ein Vierteljahrhundert Utopie: Am kommenden Montag feiert Daniel Barenboim mit seinem West-Eastern Divan Orchestra das 25-jährige Gründungsjubiläum dieses wahrlich außergewöhnlichen Ensembles, bei einem (natürlich schon ausverkauften) Konzert in der Philharmonie. Gemeinsam mit dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said hatte der Maestro das Projekt gestartet, 1999, im Weimarer Kulturhauptstadtjahr.

Kommunikation jenseits des Streits

Junge Leute aus Israel und den arabischen Ländern des Nahen Ostens sollen hier Seite an Seite musizieren, diskutieren und sich kennenlernen. Um Vorurteile abzubauen, Verständnis für die Argumente der Gegenseite zu entwickeln und im Idealfall als Botschafter der Verständigung in ihre Heimat zurückzukehren.

Künstlerisch ist das – nach Goethes „west-östlichem Diwan“ benannte – Projektensemble eine beglückende Erfolgsgeschichte: Im ersten Jahr hatten 60 Prozent der Teilnehmenden noch niemals in einem Orchester gespielt, acht Jahre später konnte Barenboim Arnold Schönbergs Variationen Opus 31 aufs Programm setzen, eine der komplexesten Partituren der Musikgeschichte.

Anlässlich des Jubiläums habe ich jetzt noch mal den 2014 erschienenen Bildband „Funkelnde Hoffnung“ zur Hand genommen: Georges Yammine, West-Eastern-Geiger aus dem Libanon und Fotograf, zeigt hier, mit wie viel Ernsthaftigkeit und Freude alle Beteiligten bei der Sache sind. Berührend auch, Aufnahmen des im Zenit seiner Schaffenskraft stehenden Daniel Barenboim zu sehen, wie er strahlt, wie er vibriert vor Energie, wie ihn die Mission erfüllt, Menschen in Harmonie zusammenbringen.

Das Prinzip ist so einfach: Weil sich im Orchester jeweils zwei Streicher ein Notenpult teilen, führt die Musik sie zusammen, und zwar auf einer anderen Ebene als der verbalen: Jenseits der Worte werden sie zu Komplizen, weil sonst der kollektive Zusammenklang nicht entstehen, das geduldige Papier kein lebendiger Klang werden kann. „Manchmal stelle ich mir eine friedensstiftende Nahost-Konferenz wie eine Sinfonie vor“, sagt Barenboim in einem Interview, das für „Funkelnde Hoffnung“ geführt wurde. Und fügt hinzu: „Ein Traum, gewiss.“

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