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Margarita und ihr Mann Pawel geben anwesenden Medienvertretern ein Interview, unweit des Anschlagsortes.

© dpa/Hannah Wagner

„Unerträglich und furchterregend“: Überlebende des Anschlags bei Moskau berichten

Wer den Anschlag in nächster Nähe miterlebte, steht unter Schock. Unbeteiligte wollen helfen. Erste Berichte über die Stimmung in Krasnogorsk.

Die Böden bedeckt von zerborstenem Fensterglas, Clubmöbel, die das Feuer tief geschwärzt hat. Und über allem dichter Rauch, der vermutlich die meisten Menschen in der Crocus-Halle von Krasnogorsk das Leben gekostet hat. Auch Stunden danach hängt er noch in den zerstörten Räumen.

Das sind die ersten Fotos vom Tatort. Meduza hat sie am Samstagmorgen veröffentlicht, das von Lettland aus arbeitende unabhängige russische Internet-Medium. Meduza-Reporterinnen konnten mit den ersten Hilfskräften wenige Stunden nach dem Anschlag in die Halle und auch mit Überlebenden und deren Angehörigen sprechen.

Eine von ihnen ist Lilia. Ihre Mutter arbeitet in der Halle und hatte Freitagabend Dienst dort. Lilia spricht über ihre Angst in den Stunden danach: „Es ist unerträglich und furchterregend.“ Ihre Mutter konnte sich in Sicherheit bringen, sie lief zu Fuß nach Hause.

Geräusche „wie bei einem Feuerwerk“

Die Wohnung liege eine Metrostation entfernt vom Geschehen. Ihre Tochter berichtet vom Heulen der Krankenwagensirenen, das sie zu Hause gehört habe: „Es hörte eine Stunde lang nicht auf. Mir tut es so leid um alle, die nicht entkommen konnten.“

Olga, eine Überlebende, saß bereits auf ihrem Platz, als die ersten Schüsse fielen. „Ich hörte seltsame Geräusche, wie bei einem Feuerwerk“, die aber weit entfernt schienen. Dann seien Angestellte der Halle auf die Zuschauer:innen zugelaufen und hätten alle nach draußen dirigiert.

Gott sei dank war der Vorhang unten, wir befanden uns dahinter. Ich bin noch in einer Art Schockzustand.

Mikhail Golinov, Dirigent des Orchesters in der Crocus-Halle

„In der Menge hörte ich Menschen schreien, die ihre Angehörigen aus dem Blick verloren hatten“, berichtet Olga Sie selbst habe wohl ihr Platz am Ende der Reihe 6 gerettet, dicht an einem der Ausgänge. „Niemand blockierte ihn“, so habe sie es nach draußen geschafft.

Mikhail berichtet für seine Mutter. Sie selbst ringe noch um Atem, nachdem sie es, von Asche bedeckt, per Taxi nach Hause geschafft hatte. Im Parkett, wo sie saß, hätten es deutlich weniger Menschen nach draußen geschafft, als sich dort befanden, berichtet Mikhail: „Meine Mutter ist völlig unter Schock. Sie ist zu Tode erschrocken.“

Überlebende kommen mit Blumen zurück

Ein weiterer Überlebender ist Mikhail Golinov, Dirigent des Orchesters. „Gott sei dank war der Vorhang unten, und wir befanden uns dahinter.“

Nachdem die ersten Schüsse zu hören waren, habe er die Musiker:innen nach draußen geleitet. „Wir haben die Bühne rasch verlassen, wörtlich in einer Minute.“ Alle seien zum Glück unversehrt, aber auch er sagt: „Ich bin noch in einer Art Schockzustand.“

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Am Tag nach dem Terroranschlag nahe Moskau mit vielen Toten sind mehrere Überlebende zum Ort des Verbrechens zurückgekehrt, um zu trauern und Blumen abzulegen.

Als die bewaffneten Angreifer am Freitagabend den Konzertsaal der Crocus City Hall stürmten, habe sie gerade mit ihrem Mann auf einer der oberen Besuchertribünen gestanden, erzählt die 30 Jahre alte Margarita am Samstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Panik auf den Fluren, „renn weg!“

„Wir wollten ein Erinnerungsfoto machen.“ Im ersten Moment habe sie die Explosionsgeräusche für lauten Begrüßungsapplaus für die Künstler gehalten, erinnert sie sich. „Aber es knallte weiter. Da habe ich sofort verstanden, dass etwas nicht stimmt.“

Ihr Mann sei aufgesprungen und habe gerufen: „Renn weg!“ In den Fluren habe Panik geherrscht, die Übersicht sei verloren gegangen, erzählt Margarita weiter. „Es hat sich angefühlt, als seien die Schüsse direkt neben uns. Wir hatten Angst, dass wir jetzt runtergehen und sie dann kommen.“

Dann aber seien sie in einem unteren Geschoss in einem dunklen Raum angekommen, möglicherweise in einem Lager. Dort hätten sie ein Schild mit der Aufschrift „Ausgang“ entdeckt und sich ins Freie retten können.

Während die Überlebenden ihrer Gefühle vor dem Ort des Geschehens Herr zu werden versuchen, wollen andere helfen. Die „Moscow Times“ veröffentlichte ein Video, in dem eine lange Schlange von Menschen vor einem Krankenhaus darauf wartet, Blut für verletzte Überlebende spenden zu können. (mit dpa)

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