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Ukrainische Briefmarke.

© IMAGO/NurPhoto

Ukraine-Invasion Tag 485: Wie die ukrainische Post in Kriegszeiten improvisiert

Kiew sieht Westen mitverantwortlich für geringes Tempo der Gegenoffensive, Rheinmetall will 20 weitere Marder liefern. Der Nachrichtenüberblick.

Der Krieg und die damit einhergehende Zerstörung der Infrastruktur lässt die Menschen in der Ukraine in vielen Bereichen improvisieren – so auch bei der Postzustellung, die inzwischen mehr ist als eben nur das. Die „Washington Post“ hat Postangestellte in der Stadt Huljajpole getroffen und mit ihnen über ihre veränderte Arbeit gesprochen (Quelle hier).

In der Stadt lebten einst 12.000 Menschen, jetzt sind es nur noch etwa 100. Es gibt keinen Strom, kein Wasser, kein Gas. Die Übriggebliebenen sind vor allem Rentner, die kein Geld haben oder zu alt sind, um wegzugehen. Huljajpole selbst liegt in der Region Saporischschja nahe der Frontlinie, an einer Achse, die für das ukrainische Militär im Zusammenhang mit der Gegenoffensive wichtig ist. 

Dreimal im Monat fährt ein Trio aus einem Briefträger, einem Fahrer und einem Wachmann in die Stadt, um den Menschen dort nicht nur Briefe und Pakete zu liefern, sondern den Menschen auch ihre Renten auszuzahlen und sie mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen. „Irgendjemand muss diese Arbeit machen – und niemand will sie machen“, sagte die Postbotin Natalia Hrinenko der „Washington Post“. Hrinenko, die selbst in Saporischschja lebt, leitet das Postamt in Huljapole, das inzwischen in einem stillgelegten Krankenhaus untergebracht ist. Von einst acht Postzustellern sind ihr noch zwei geblieben.

„Am Anfang sagten uns die Leute, wir seien verrückt, in solche Gebiete zu gehen“, sagte Konstantin, ein ehemaliger Polizist, der für Hrinenkos Sicherheit sorgt. „Aber wenn wir jetzt kommen, sagen uns die Leute, dass sie froh sind, dass wir immer wieder kommen.“ Und dann fügt er noch hinzu: „Um ehrlich zu sein, ist dies aufgrund unserer niedrigen Gehälter eher eine ehrenamtliche Tätigkeit als ein echter Job“, aber: „Diese Menschen brauchen uns und warten auf uns.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat Russland vorgeworfen, Truppen angesichts der ukrainischen Gegenoffensive aus dem Süden und dem Osten der Ukraine zurückzuziehen. „Die Streitkräfte der Ukraine drängen die russische Armee zurück“, sagte er in Sozialen Netzwerken. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Russland hat laut dem ukrainischen Präsidenten Spezialgruppen gebildet, die die Opfer nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms verschwinden lassen sollen. „Der russische Teufel will mit speziellen Truppen die Leichen einsammeln und natürlich vernichten“, sagte Wolodymyr Selenskyj in seiner Videoansprache. Mehr hier.
  • Kiew hat die bisher geringen Fortschritte der Gegenoffensive mit dem Zögern des Westens bei Waffenlieferungen erklärt. „Die bei der Überzeugung der Partner verlorene Zeit, die notwendigen Waffen zu liefern, spiegelt sich im konkreten Ausbau russischer Befestigungen wider“, schrieb der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, auf Twitter. Mehr in unserem Newsblog.
  • Im Rahmen ihrer Gegenoffensive steckt die ukrainische Armee nach eigenen Angaben weiter in der Abtastphase. „Jeder will augenblicklich und sofort einen großen Sieg“, sagte der Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, Olexander Syrskyj, dem „Guardian“. Der dahin führende Prozess brauche jedoch eine gewisse Zeit.
  • Russland will die Anzahl der für sein Nachbarland Belarus bestimmten Atomsprengköpfe nicht offenlegen. Es werde keine Details geben, erklärt der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
  • Als Reaktion auf das neueste EU-Sanktionspaket hat Russland seine Reisebeschränkungen gegen europäische Bürger ausgeweitet. Die Liste der mit Einreiseverboten belegten Vertreter von EU-Institutionen und einzelner EU-Länder sei „erheblich erweitert“ worden, teilte das Außenministerium in Moskau mit. 
  • Das ukrainische Energieunternehmen Naftogaz hat in den USA rechtliche Schritte gegen Russland für eine milliardenschwere Entschädigung nach der Annexion der Krim eingeleitet. Der Staatskonzern teilte mit, er habe bei einem US-Gericht beantragt, die vom Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag zugesprochenen fünf Milliarden Dollar zurückzuerhalten.
  • Der Rüstungskonzern Rheinmetall will 20 weitere Schützenpanzer Marder noch in diesem Sommer an die Ukraine liefern. Einen entsprechenden Zeitplan für einen bereits Anfang Juni bekanntgegebenen Auftrag bekräftigte das Unternehmen nun. Der Bund bezahlt dafür einen unteren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag. 
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Terrorvorwürfe gegen Moskau erneuert und den Abzug russischer Truppen aus dem Atomkraftwerk Saporischschja gefordert. „Die vollständige Räumung des Kernkraftwerks Saporischschja ist erforderlich“, sagte er in seiner täglichen Videobotschaft. 

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