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Ein kleines Mädchen liegt unter einer Decke in einer Metrostation in Charkiw.

© picture alliance/dpa/SOPA Images via ZUMA Press Wire

Ukraine-Invasion Tag 462: Wer an der Entführung ukrainischer Kinder mitverdiente

Putin spielt Drohnenangriff auf Moskau herunter, Deutschland zwingt Russland zur Schließung von Konsulaten, Russland evakuiert Hunderte Kinder aus Belgorod. Der Überblick am Abend.

Russland soll für die Entführung von Tausenden ukrainischen Kindern während des Ukraine-Kriegs verantwortlich sein. Im März dieses Jahres hatte unsere ukrainische Kollegin Olga Konsevych über die Methoden berichtet (Quelle hier). Der britische „Guardian“ berichtet nun über einen weiteren Aspekt – nämlich, dass manch einer an der Entführung eines Kindes mitverdient haben soll (Quelle hier).

Die Zeitung erzählt die Geschichte der 15-jährigen Alina Popova und ihrer Mutter Svitlana, die in der Region Cherson lebten, als diese unter russischer Besatzung war. Die Mutter von Alinas bester Freundin habe dem Mädchen eingeredet, dass die näher kommenden ukrainischen Truppen jedem etwas antun würden, der mit den russischen Besatzern in Kontakt gekommen sei – und Alinas Familie, so die Frau, habe russische Lebensmittelhilfe erhalten.

Die pro-russische Frau schlug Alina vor, mit ihr nach Russland zu fliehen. Die Mutter der 15-Jährigen versuchte zwar, sie davon zu überzeugen, dass die Frau lüge – doch das verängstigte Mädchen glaubte der Geschichte, nahm sich ihre Geburtsurkunde und ging mit ihr fort. Laut dem Bericht hatte die Frau gehofft, in Russland Geld und eine schönere Wohnung für ihre Bemühungen zu bekommen. 

Es sei nicht der einzige Fall, in dem finanzielle Interessen eine Rolle bei der Entführung ukrainischer Kinder nach Russland spielten, berichtet der „Guardian“ weiter. Mykola Kuleba, der ein Netzwerk zur Rettung ukrainischer Kinder leitet, sagte der Zeitung, ihm sei von weiteren Fällen dieser Art berichtet worden. So habe ein geretteter Junge von einem anderen Jungen aus Mariupol berichtet, der bei einer Alkoholiker-Familie untergebracht worden sei. Er sei ignoriert worden und habe hungern müssen. Kuleba nimmt an, dass der Junge aufgenommen wurde, damit sich die Familie Alkohol kaufen konnte.

Im Fall von Alina konnte die Familie wieder zusammengeführt werden – weil sich ihre Mutter mithilfe einer Organisation auf den Weg nach Russland machte und dort bei den Ämtern vorsprach. Offensichtlich noch rechtzeitig, denn die Frau, die Alina mitgenommen hatte, hatte bereits einen Antrag auf Adoption gestellt, der vermutlich nur wenige Tage später bewilligt worden wäre. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • In einer Analyse der US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ ISW heißt es, der russische Präsident Wladimir Putin versuche, den Drohnenangriff auf Moskau herunterzuspielen. Der Grund: Er wolle nicht die eingeschränkten Möglichkeiten offenbaren, die er für einen Gegenschlag habe. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Als Reaktion auf die Ausweisung von deutschen Staatsbediensteten hat die Bundesregierung Russland den Betrieb von vier Generalkonsulaten in Deutschland untersagt. Vom Jahresende an dürfe Russland damit nur noch die Botschaft in Berlin und ein weiteres Generalkonsulat betreiben, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Mehr dazu hier.
  • Die russischen Behörden wollen wegen zunehmender Angriffe in der Region Belgorod nach eigenen Angaben Hunderte Kinder aus Dörfern in dem Gebiet evakuieren. „Wir beginnen heute damit, Kinder aus den Distrikten Schebekino und Graiworon zu evakuieren“, erklärte der Gouverneur der Region. Mehr im Newsblog.
  • Die Ukraine hat den Vereinigten Staaten nach Angaben aus Washington versichert, von den USA bereitgestellte Waffen nicht für Angriffe in Russland zu nutzen. „Sie haben uns zugesichert, dass sie unsere Ausrüstung nicht für Angriffe innerhalb Russlands verwenden“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, dem Sender CNN.
  • Trotz der Drohnenattacken gegen Moskau und des anhaltenden Beschusses russischer Regionen an der Grenze zur Ukraine sieht der Kreml keine Notwendigkeit für die Einführung des Kriegsrechts im Land. Die Verhängung eines Kriegszustands werde aktuell nicht diskutiert, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
  • Deutschland sollte nach Ansicht des FDP-Verteidigungsexperten Alexander Müller der Bitte Kiews um eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern nachkommen. „Die Ukraine braucht weiterhin unsere Solidarität bei der Verteidigung ihres Landes gegen den Aggressor“, sagte Müller dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
  • Vor einem Treffen der Nato-Außenminister hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock der Ukraine zugesichert, dass das Bündnis dem Land weiter zur Seite steht. „Jeder Tag des Krieges, jeder neue russische Drohnen- und Raketenangriff wird uns dazu veranlassen, die Ukrainerinnen und Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung und ihrem Kampf um Frieden nur noch mehr zu unterstützen“, erklärte sie. 
  • Die russische Armee hat nach eigenen Angaben das letzte große Kriegsschiff der ukrainischen Seestreitkräfte zerstört. Es sei am Montag bei einem „Hochpräzisionsschlag“ der russischen Luftwaffe auf einen Anlegeplatz im Hafen von Odessa im Süden der Ukraine zerstört worden, teilte die russische Armee mit. 
  • Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew droht Großbritannien wegen dessen Unterstützung der Ukraine. Großbritannien sei Moskaus „ewiger Feind“, erklärt der Putin-Vertraute, der auch stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrats ist, auf Twitter. 
  • Nach den Drohnenangriffen in Moskau hat Russland der Ukraine mit Vergeltungsschlägen gedroht. Neben Kremlchef Wladimir Putin schwor sein enger Vertrauter Ramsan Kadyrow Rache: Der Tschetschenen-Führer forderte die Verhängung des Kriegsrechts in Russland, um härter gegen die Ukraine vorzugehen.
  • In der Afipski-Ölraffinerie in der russischen Region Krasnodar ist nach Angaben des Gouverneurs der Region ein Feuer ausgebrochen. Es sei wahrscheinlich durch eine Drohne verursacht worden, schreibt Gouverneur Weniamin Kondratjew auf Telegram.

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