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Die PCK-Raffinerie in Schwedt hängt von der Druschba-Pipeline ab.

© dpa/Monika Skolimowska

Ukraine-Invasion Tag 455: Die Druschba-Pipeline bringt die Ukraine in eine Zwickmühle

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin warnt davor, dass in Russland eine Revolution ausbrechen könnte, Russland und China treiben den Ausbau ihrer Beziehungen voran. Der Überblick am Abend.

Als Moskau im Februar vergangenen Jahres die Ukraine angriff, war in Europa das Thema russisches Öl und Gas sehr schnell auf der Agenda. Deutschland stoppte das Nord-Stream-2-Projekt, und viele europäische Länder versuchen, in Bezug auf Energie unabhängig von Russland zu werden. Die „Washington Post“ zeigt nun einen anderen Strang der einstigen Abhängigkeiten auf – und wie schwierig es ist, sich trotz Krieges von ihnen zu lösen.

Es geht darum, dass nach wie vor russisches Öl und Gas durch die Ukraine geleitet wird – durch die Druschba-Pipeline. Vor allem aber versucht die Zeitung zu erläutern, warum Kiew dies noch immer zulässt (Quelle hier). So zitiert die Zeitung den Chef des staatlichen ukrainischen Energieunternehmens, Oleksij Tschernyschow, der einräumt, dass dies ein wenig bizarr anmute. 

Und ukrainische Beamte sagten demnach, sie befänden sich diesbezüglich in einer Zwickmühle: Denn einerseits würde der Durchfluss von russischem Öl und Gas Russland Millionen in die Kriegskasse spülen. Auf der anderen Seite brauche aber auch die Ukraine das Geld, dass sie für den Transit aus Moskau erhält. Und es möchte zudem die europäischen Partner, die noch auf dieses Gas und Öl angewiesen sind, nicht verprellen. Es ist also ein zweischneidiges Schwert für das kriegsgebeutelte Land. 

Ein Wirtschaftsexperte, der an den Beratungen zu Sanktionen gegen Russland beteiligt war, erklärt die Aufrechterhaltung des Transits so: Das Öl und Gas würde so oder so auf den europäischen Markt gelangen, da die EU Ausnahmen von ihrem Embargo für Länder wie etwa Ungarn vorgesehen habe. Und Russland habe sich zur Zahlung von Geld verpflichtet. „Warum also nicht das Geld bekommen?“, fragt der Experte. Denn das Ziel der Sanktionen sei nicht, ein generelles Verbot des Handels mit Russland zu erreichen, sondern Russland lediglich insoweit wirtschaftlich zu schaden, ohne der Ukraine mehr Schaden zuzufügen als nötig. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin warnt davor, dass in Russland eine Revolution ausbrechen und das Land den Krieg gegen die Ukraine verlieren könnte. Wenn die Kinder gewöhnlicher Russen weiterhin in Särgen zurückkämen, während die Kinder der Elite sich im Ausland sonnten, drohe in Russland ähnlicher Aufruhr wie bei den Revolutionen von 1917, so Prigoschin. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine haben 55 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter Asyl in Deutschland erhalten. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Linken-Anfrage hervor. Einen Antrag auf Asyl gestellt hatten demnach 2485 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Russland und China treiben den Ausbau ihrer Beziehungen voran. Mit Ministerpräsident Michail Mischustin besuchte am Mittwoch Moskaus bislang ranghöchster politischer Vertreter seit Beginn des Kriegs Peking. „Die Beziehungen zwischen Russland und China sind heute auf einem beispiellos hohen Niveau“, sagte er. Mehr hier.
  • Bei dem Angriff auf die russische Grenzregion Belgorod sollen der „New York Times“ zufolge anscheinend mindestens drei gepanzerte US-Militärfahrzeuge verwendet worden sein. Zwei dieser als „MRAP“ (Mine-Resistant Ambush Protected) bekannten Fahrzeuge seien augenscheinlich von russischer Seite beschlagnahmt worden, berichtete die Zeitung. Mehr dazu hier.
  • Weil sie an der Seite der Ukraine gegen die russische Armee gekämpft haben, soll fünf Ausländern in Russland in Abwesenheit der Prozess gemacht werden. Der Prozess soll am 31. Mai beginnen, wie das Militärgericht im südrussischen Rostow am Don mitteilte. Mehr in unserem Newsblog.
  • Ein Beitritt der Ukraine zur Nato mitten im Krieg steht Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht auf der Agenda. Das sei nicht möglich, sagt Stoltenberg auf einer Veranstaltung des Marshall Fonds in Brüssel. „Die Frage ist, was passiert nach dem Ende des Krieges.“
  • Die Schweizer Regierung hat sich für den Rückverkauf von 25 stillgelegten Leopard-2-Kampfpanzern an Rheinmetall ausgesprochen. Sie unterstütze den Antrag einer parlamentarischen Kommission auf Außerdienststellung von 25 Panzern, erklärte die Regierung nach ihrem turnusmäßigen Treffen am Mittwoch. 
  • Bei den Kämpfen in der Ukraine sind nach Angaben des Söldner-Chefs Prigoschin etwa 10.000 von 50.000 als Kämpfer rekrutierten Strafgefangenen getötet worden. „Ich habe 50.000 Häftlinge ausgesucht, von denen etwa 20 Prozent getötet wurden“, sagte er in einem von einem regierungstreuen Blogger veröffentlichten Interview. 
  • Nach erneuten Meldungen über Drohnenangriffe auf die russische Region Belgorod hat Verteidigungsminister Sergej Schoigu eine harte Reaktion auf erneute Angriffe angekündigt. Russland werde weiterhin „schnell und extrem hart auf solche Aktionen ukrainischer Kämpfer“ reagieren, erklärte Schoigu.
  • Die Zahl der russischen Deserteure im Krieg gegen die Ukraine hat nach Angaben britischer Geheimdienste zuletzt deutlich zugenommen. Zwischen Januar und Mai hätten russische Militärgerichte insgesamt 1053 Fälle von Fahnenflucht behandelt, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. 
  • Nach Kämpfen in der russischen Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine bleibt die Lage am Mittwoch angespannt. Die russischen Behörden gaben zwar Entwarnung, bestätigten später aber eine Drohnen-Attacke. Zur Kontrolle überBachmut gibt es unterdessen weiter widersprüchliche Angaben.

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