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Russia,  Khabarovsk  -  May  7,  2020:  Parade  in  honor  of  victory  Military  air  parade  in  honor  of  Victory  Day.  K-52  helicopters  alligator  fly  in  formation. xkwx air,  aircraft,  aviation,  attack,  helicopter,  military,  blue,  may,  victory,  army,  airshow,  sky,  flight,  group,  alligator,  celebration,  force,  2015,  blade,  anniversary,  celebrate,  assault,  parade,  air  force,  blue  sky,  airplane,  airport,  content,  engine,  exhibition,  festival,  fighting,  fly,  over,  2013,  aeroplane,  base,  clear,  cockpit,  demonstration,  exhibit,  part,  square,  armed,  armor,  battle,  business,  camouflage,  chopper,  clouds

© IMAGO/Pond5/Uncredited

Ohne F-16-Jets kein Erfolg?: „Die Ukrainer sind den russischen Kampfhubschraubern derzeit schutzlos ausgeliefert“

„F-16“ und „Taurus“: Die USA und Deutschland streiten über den Nutzen von Waffensystemen und die Folgen verzögerter Lieferungen. Doch die Zusammenhänge sind komplexer, warnen Experten.

| Update:

Wie entscheidend sind einzelne Waffensysteme im Ukrainekrieg? Welche Folgen haben verzögerte Lieferungen? Deutschland ringt in diesen Tagen darum, ob es Kiew „Taurus“-Marschflugkörper zur Verfügung stellen soll. In den USA diskutieren Militärexperten, ob die fehlenden F-16-Kampfjets ein zentraler Grund sind, warum die Offensive der Ukraine so schleppend verläuft.

Die „New York Times“ überraschte gerade mit einer Analyse, die auf den ersten Blick widersprüchlich klingt: Wenn die Ukraine die F-16 früher bekommen hätte samt Piloten, die auf dem Kampfjet trainiert haben, wäre das kein „Gamechanger“. Bleibt es also folgenlos, dass US-Präsident Joe Biden sich Zeit ließ?

Die ukrainischen Truppen werden die besetzten Gebiete eben ohne F-16 befreien müssen, zitiert die Zeitung den pensionierten Vier-Sterne-General und früheren Nato-Oberbefehlshaber in Europa, Philip Breedlove. „Und ich glaube auch, dass sie das schaffen werden.“

Generell bringt kein einzelnes Waffensystem den entscheidenden Erfolg. Es hängt davon ab, wie man es in die operative Planung einbettet.

Carlo Masala, Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr in München

War der monatelange Streit also unnötig, ob die Ukraine westliche Kampfflugzeuge bekommen soll? Ob das Eskalationsrisiko zu hoch sei? Und ob andere Waffensysteme dringender sind, zumal die Pilotenausbildung kaum unter einem Jahr zu leisten ist?

Militärexperten warnen vor einer solchen Entweder-oder-Sichtweise. Die fehlenden F-16 sind nicht der entscheidende Faktor, der die ukrainische Offensive so beschwerlich macht. Doch wenn die Ukraine sie hätte, könnte sie die russischen Besatzer erfolgreicher zurückdrängen – vor allem aber: mit weniger Verlusten unter ihren Soldaten. Und: Die F-16 entfalten nicht für sich genommen höchste Effektivität, sondern im Zusammenwirken mit Artillerie, Panzern. Minenräumern.

„Generell bringt kein einzelnes Waffensystem den entscheidenden Erfolg“, erklärt Carlo Masala, Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr in München. „Es hängt immer davon ab, wie man es in die operative Planung einbettet. Das kann man klug machen. Oder weniger klug“.

Schutzlos gegen russische Kampfhubschrauber

Die Lieferung der F-16 „würde den Ukrainern durchaus Vorteile verschaffen“, meint Masala. „Sie könnten damit den Luftraum für ihre eigenen Truppen schützen, vor allem gegen die russische Luftwaffe. Die ukrainischen Verbände sind den russischen Kampfhubschraubern derzeit schutzlos ausgeliefert.“

Ben Hodges, früher Oberbefehlshaber der US Army in Europa von 2014 bis 2017, betont, die Ukraine brauche dringend Kampfjets wie die F-16: „Wer das bestreitet, war nie in einer solchen Lage und hat nichts aus früheren Kriegen gelernt.“

Die Ukraine wird den Krieg irgendwann sowieso gewinnen. Aber die Kosten an verlorenen Leben werden (ohne F-16) viel höher ausfallen.

Ben Hodges, Oberbefehlshaber der US Army in Europa von 2014 bis 2017.

Ex-General Hodges pflichtet Philip Breedlove bei: „Die Ukrainer werden wohl die nächsten Monate ohne F-16 kämpfen müssen.“ Und er habe auch recht, dass „die Ukraine den Krieg irgendwann sowieso gewinnen wird. Aber die Kosten an verlorenen Leben werden viel höher ausfallen“.

Niemals ohne Luftüberlegenheit

„Wir würden niemals einen amerikanischen, deutschen oder britischen Soldaten in einen Kampf schicken, ohne zuvor die Luftüberlegenheit erreicht zu haben“, meint er.

Hodges verweist auf frühere Kriege. Im Golfkrieg 1990/91 „haben wir sechs Wochen ausschließlich Luftangriffe gegen die irakischen Streitkräfte geflogen, bevor wir den Bodenangriff starteten. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Alliierten nach der Landung in der Normandie Anfang Juni 1944 zwei Monate lang von deutschen Verteidigungskräften aufgehalten. Erst nach einer massiven Verstärkung der Luftwaffe konnten die Alliierten aus ihrem Brückenkopf ausbrechen“.

„Warum sollte das in der Ukraine anders sein“, fragt Hodges. Er hält die Beschränkung westlicher Waffenhilfe für die Ukraine aus Furcht vor einer Eskalation für einen schweren Fehler.

Kritik an Joe Biden und Olaf Scholz

Kanzler Olaf Scholz „versteckt sich hinter der Regierung Biden und weigert sich bisher, Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Dabei würden die einen riesigen Unterschied bewirken“, kritisiert Hodges.

Am Ende liege es aber „in der Verantwortung des amerikanischen Präsidenten, die Führung zu übernehmen“, sagt er. Joe Bidens „Team hat viel Gutes für die Ukraine getan und hält eine Unterstützungskoalition von mehr als 50 Nationen zusammen. Wir scheitern aber an der wichtigsten Aufgabe: Den Sieg der Ukraine zu unserem strategischen Ziel zu erklären und ihr dann die Ressourcen zu geben, die sie dafür braucht. Wir dürfen die Fehler, die wir in Vietnam und Afghanistan gemacht haben, nicht wiederholen.“

Doch was ist mit den Eskalationsrisiken? Carlo Masala sagt: „Mit F-16 könnte die Ukraine Kämpfe gegen russische Kampfjets führen und möglicherweise gewinnen. Theoretisch könnte sie sogar in den russischen Luftraum eindringen, um die Bomber abzuschießen, von denen aus die Raketen in die Ukraine abgefeuert werden. Das würde der Westen allerdings nicht zulassen.“

Für Masala gibt es zudem andere Prioritäten. „Die Ukraine braucht vor allen Dingen Artilleriemunition, weil an vielen Abschnitten der Front massive Artilleriegefechte stattfinden. Sie bräuchte mehr Kapazitäten zur Minenräumung. Und sie bräuchte auch Luftverteidigung im Nahbereich, damit die mechanisierten Verbände wieder operieren können.“

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