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Benjamin Netanjahu, Israels Premier, an der Front im Gazastreifen.

© ZUMA Wire/IMAGO/Avi Ohayon/Israel Gpo

Israels aggressiver Premier: Netanjahu hat das Misstrauen verdient – und muss endlich weichen

Er ist so lange im Amt des Premiers wie kein anderer vor ihm. Sein Versprechen war Sicherheit, geschaffen hat er die größte Unsicherheit. Es ist Zeit, Netanjahu in die Verantwortung zu nehmen.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Keiner regiert länger in Israel als er, Benjamin Netanjahu. Im 18. Jahr ist der Premierminister inzwischen. Und doch: Je länger er regiert, desto näher gerät das Land an den Abgrund.

Anstatt den Staat der Juden zum Frieden zu führen, in Gaza, mit der ganzen Region, schürt „Bibi“, wie er genannt wird, durch sein Handeln den Unfrieden. Juden in aller Welt sind Angriffen ausgesetzt, nicht zuletzt, weil er sich und den Staat gleichsetzt.

Als Benjamin Netanjahu am 8. Oktober, dem Tag nach dem Massaker, der Hamas den Kampf ober- und unterhalb der Erde ansagte, war er nicht allein. Die Welt hatte Verständnis. Dass er nun nicht aus dem ins Fürchterliche eskalierten Konflikt herausfindet, isoliert nicht allein ihn, sondern sein Land und die Juden weltweit.

Wann wird Netanjahu Einhalt geboten? Es ist seine Politik des zionistischen Revisionismus, getrieben von Nationalreligiösen, die zusehends ins Unglück führt.

Er bricht Versprechen, wie es ihm passt, wechselt Positionen wie Wäsche, geht Koalitionen mit jedem ein, der ihm die Macht sichert – und die vor Strafe wegen Bestechung, Untreue, Betrug schützt.

Das ist national. International bezeichnen ihn manche als Lügner.

Das Wohl Israels hängt davon ab, dass es vom Wohl Netanjahus getrennt wird. Er hängt der Vision aus dem vorigen Jahrhundert an, dass die Juden ihr „Land erobern, es mit einer eisernen Mauer umgeben und mutig verteidigen“ sollen. So hat er es vom Vater, einem zionistischen Historiker, übernommen. Die Zeiten ändern sich – Netanjahu nicht.

Wo bleibt der Widerstand im Kabinett?

Wo bleibt da der Widerstand? Der auf der Straße ist das eine, der im Kabinett, besonders im Kriegskabinett, das mindestens ebenso wichtige.

Wo bleiben alle die, die es besser wissen müssten? Das gilt politisch wie militärisch. Voran Benny Gantz, der ehemalige Generalstabschef, jetzt Politiker, auf dem viele Hoffnungen der Liberalen ruhen – wird er sie wieder enttäuschen?

Wer jetzt stumm bleibt, nährt den Eindruck, die Lage wie Netanjahu zu beurteilen, seine Ziele zu teilen. Wer das nicht tut, ist dringend aufgerufen, die Stimme zu erheben – gegen den Premier.

Netanjahu hat Misstrauen verdient. Er ist der erste israelische Ministerpräsident, der als Angeklagter weiter amtiert. Er ist im Amt aggressiver, als es der ehemals aggressivste israelische General und spätere Premier Ariel Scharon je war. Er hat Sicherheit versprochen und Unsicherheit geschaffen. Jeder Tag, den er länger regiert, gefährdet Israel mehr.

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