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Soldaten der 16. Pommerschen Mechanisierten Division während der Übung TUMAK-20 mit NATO-Verbündeten auf dem Truppenübungsplatz. (Archivbild)

© dpa/Tomasz Waszczuk

Schutz vor Russland nach dem Krieg: Einzelne Nato-Mitglieder könnten Soldaten in der Ukraine stationieren

Die Nato ist uneins, welche Sicherheitsgarantien sie der Ukraine geben kann. Einige Länder könnten deswegen selbst die Initiative ergreifen, sagt der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Rasmussen.

Inwieweit die Ukraine in eine westliche Sicherheitsarchitektur eingebunden werden kann, ist eine der dringendsten Fragen. Kiew möchte möglichst schnell der Nato und der EU beitreten, viele westliche Mitglieder halten sich dazu bedeckt.

Im Vorfeld des Nato-Gipfels in Litauen am 11. und 12. Juni äußerte sich der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Rasmussen gegenüber dem britischen „Guardian“ zu der Thematik.

Demnach könnten einige Nato-Länder in Eigenregie Soldaten in der Ukraine stationieren, sollten andere Mitgliedsländer – allen voran die USA – im Rahmen des Treffens keine konkreten Sicherheitsgarantien in Aussicht stellen. Rasmussen fungiert derzeit als offizieller Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Noch gibt es keine konkreten Ankündigungen, ob und welche Sicherheitsgarantien der Ukraine auf dem Nato-Gipfel in Aussicht gestellt werden.

Nato-Chef Jens Stoltenberg erklärte lediglich, die Frage der Sicherheitsfrage der Ukraine werde in Vilnius auf der Tagesordnung stehen, fügte aber hinzu, dass die Nato gemäß Artikel 5 des Washingtoner Vertrags nur Vollmitgliedern vollwertige Sicherheitsgarantien biete.

Die US-Botschafterin bei der Nato, Julianne Smith, sagte: „Wir prüfen eine Reihe von Optionen, um zu signalisieren, dass die Ukraine in ihren Beziehungen zur Nato vorankommt.“

Ich würde nicht ausschließen, dass sich Polen auf nationaler Ebene noch stärker engagiert, vielleicht sogar mit Truppen vor Ort

Anders Rasmussen

Einige Länder zeigen dabei offenbar eine größere Bereitschaft als andere. „Wenn sich die Nato nicht auf einen klaren Weg für die Ukraine einigen kann, besteht die Möglichkeit, dass einige Länder einzeln Maßnahmen ergreifen. Wir wissen, dass Polen sehr engagiert ist, der Ukraine konkrete Hilfe zu leisten. Und ich würde nicht ausschließen, dass sich Polen in diesem Zusammenhang auf nationaler Ebene noch stärker engagiert und die baltischen Staaten folgen werden, vielleicht sogar mit Truppen vor Ort“, erklärte Rasmussen.

Im Vorfeld des Gipfels bereiste Rasmussen mehrere europäische Länder, um die Haltung der Staaten in der Sicherheitsfrage auszuloten.

„Ich denke“, so Rasmussen weiter, „Polen würde ernsthaft in Erwägung ziehen, eine Koalition der Willigen zu bilden, wenn die Ukraine in Vilnius nichts erreicht“. Man solle die polnische Haltung nicht unterschätzen. Dort herrsche das Gefühl, dass Westeuropa die Warnung vor Russlands wahren Absichten zu lange ignoriert habe.

Ukraine: Scholz hält sich bei Sicherheitsgarantien bedeckt

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte der Ukraine zuletzt wenig Hoffnung auf eine schnelle Einladung zum Nato-Beitritt gemacht. Nach dem Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Moldau Anfang des Monats machte er klar, dass eine zügige Aufnahme des Landes selbst nach einem Ende des russischen Angriffskrieges nicht garantiert ist.

„Es gibt sehr klare Kriterien für die Mitgliedschaft“, sagte Scholz. Ihm zufolge gehört dazu auch, dass ein Land keine Grenzkonflikte habe.

Zur Frage möglicher anderer Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Kriegsende sagte Scholz, diese müssten so beschaffen sein, dass die Ukraine Sicherheit vor der Gefahr eines Angriffs habe und gleichzeitig stabilisiert werde. Zudem müssten die Sicherheitsgarantien nicht nur von der Ukraine, sondern auch von allen anderen ernst genommen werden. Konkreter wurde Scholz nicht. Es könne noch unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten geben, sagte er.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor eine „klare Einladung“ für die Nato-Mitgliedschaft seines Landes bereits beim Bündnisgipfel im Juli in Litauen gefordert.

„Wir brauchen Frieden. Deshalb sollte jedes europäische Land, das an Russland grenzt und das nicht will, dass Russland es auseinanderreißt, ein vollwertiges Mitglied der EU und der Nato sein“, sagte er. Einzige Alternativen dazu seien ein offener Krieg oder eine grausame russische Besatzung. (Tsp/dpa)

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